Bericht zu weltweitem Waffenhandel: Ölpreisverfall dämpft Rüstungsanstieg

Nach Angaben des Sipri-Instituts stiegen die globalen Militärausgaben um ein Prozent. Es gibt unterschiedliche regionale Entwicklungen.

Ein Militärboot feuert übers Meer, im Hintergrund drei weitere Militärboote

Chinesische Zerstörer bei einem Marinemanöver 2014 Foto: ap

STOCKHOLM taz | Das werde ein gutes Jahr für die Rüstungsindustrie, hatte Karsten Friis von Norwegens außenpolitischem Institut Nupi schon vor einem Jahr prophezeit: Die durch die Ukraine-Krise ausgelösten Spannungen würden sich positiv in den Auftragsbüchern der Branche niederschlagen.

Mit dieser Einschätzung behielt er recht, wie der jährliche Trendbericht der weltweiten Militärausgaben bestätigt, der am Dienstag vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri veröffentlicht wird. Global stiegen die Rüstungsausgaben um 1 Prozent auf rund 1,7 Billionen Dollar. Es gibt aber unterschiedliche regionale Entwicklungen. Während die Rüstungsetats in Lateinamerika sanken und auch in Afrika erstmals nach elf Jahren wieder schrumpften, schnellten sie im Nahen Osten, in Asien und in Osteuropa nach oben. Ganze 7,5 Prozent beispielsweise in Osteuropa, gar zweistellig in Staaten mit einer Grenze zu Russland oder der Ukraine wie Lettland, Litauen, Polen, der Slowakei und Rumänien.

In West- und Mitteleuropa hielt der Abwärtstrend an, wenn auch in deutlich abgeschwächter Form: Das Rüstungsausgabenminus von 0,2 Prozent in dieser Region ist der geringste Rückgang seit Beginn einer fünfjährigen Periode sinkender Wehretats. Wobei Deutschland aus dem Rahmen fällt. Anders als in Großbritannien, Frankreich und Italien sind hier die Militärausgaben 2015 nicht gefallen, sondern um 2,8 Prozent auf fast 40 Milliarden Dollar gestiegen. Das liegt laut Sipri daran, dass Deutschland nicht zu Europas Krisenländern gehöre und deshalb nicht zu Einsparungen gezwungen gewesen sei.

Defizite in den Staatsbudgets gehören zu den Hauptgründen, wenn bei Rüstungsetats der Rotstift angesetzt wird, sagt Sipri-Forscher Sam Perlo-Freeman. So würden in den USA nach wie vor die 2011 vom Kongress beschlossenen Ausgabenbremsen nachwirken. Doch betrug das Ausgabenminus 2015 nur noch 2,4 Prozent, während die Militärausgaben 2014 um immerhin 6,5 Prozent sowie 2012 und 2013 um zusammen 14 Prozent gefallen waren.

An der Position der USA als mit Abstand größter Militärmacht habe das aber nichts geändert. Mit einem Rüstungsetat von fast 600 Milliarden Dollar entfallen auf Washington 36 Prozent der globalen Militärausgaben. China kommt mit seinen 215 Milliarden (+ 7,4 Prozent) nur auf 13 Prozent und Russland auf 4 Prozent. Der russische Militäretat stieg um 7,5 auf 66 Milliarden und fiel damit laut Sipri um 3 Prozent geringer aus als ursprünglich geplant. Der Ölpreisverfall hinterlasse Spuren.

Direkte europäische Nachbarn von Russland und der Ukraine rüsten stark auf

Sipri rechnet für 2016 mit einem Rückgang der Rüstungsausgaben Russlands um fast 10 Prozent. Mit Angola, Venezuela, Ecuador, Oman und Kasachstan hätten auch andere Ölländer ihre Etats bereits 2015 deutlich geschrumpft. In China dämpfe die ökonomische Krise den Ausgabenanstieg. Gemessen an der Wirtschaftsleistung steckte Moskau 2015 mit 5,4 Prozent einen wesentlich höheren Anteil seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) – und den vergleichsweise höchsten seit 1990 – in den Wehretat als etwa die USA (3,3 Prozent). Vor zehn Jahren war das Verhältnis noch umgekehrt.

Kein Land kann in dieser Beziehung nur annähernd mit Saudi-Arabien mithalten. Auf einen Anteil von 13,7 Prozent (Vorjahr 10,4 Prozent) am BIP beliefen sich die Militärausgaben des Landes, das damit Russland vom 3. Platz der Staaten mit den größten Rüstungsbudgets verdrängt hat. Weltweit betrug die BIP-Kennzahl 2,3 Prozent. In Deutschland sind es 1,2 Prozent und damit das Dreifache der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfemittel.

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