Berliner Polizei bereitet 1. Mai nach: Nachher ist vorher

Auch wenn es diesmal friedlich geblieben ist, will der Innensenator künftig nicht weniger Polizei einsetzen. Martin Sonneborn verteilte im Grunewald Spraydosen.

Innensenator Andreas Geisel (SPD)

Das Wichtigste über den 1. Mai ist längst gesagt: Er war der friedlichste seit Jahrzehnten. Als der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses am Montag die Details nachbereitete, geschah das auch mit Blick auf den nächsten 1. Mai. Für unfreiwillige Komik sorgte der Innensenator. „Wir hatten die niedrigste Zahl von Einsatzkräften seit Jahrzehnten“, freute sich Andreas Geisel (SPD). 5.170 Polizisten und Polizistinnen seien im Dienst gewesen. „Das waren 19 Kollegen weniger als im vergangenen Jahr.“ Selbst dem Polizeisprecher, der hinten im Saal saß, entfuhr da ein Glucksen.

Wenn der 1. Mai so friedlich verlaufen sei, sei es naheliegend, die Einsatzkräfte beim nächsten Mal weiter zu reduzieren, befand Niklas Schrader, Innenpolitiker der Linkspartei. Beim Koalitionspartner machte sich Schrader damit keine Freunde. „Gewaltpolitisch“ sei die linksextremistische Szene nach wie vor vorhanden, entgegnete Geisel. Dass der Tag so gut verlaufen sei, liege vor allem daran, dass die Polizei „aus einer Position der Stärke heraus agiert“ habe. „Wir sind gut beraten, weiter wachsam zu sein.“

Auch Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen, sagte, er sehe keinen Grund für Entwarnung. Lux bezog das auf die Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration in Kreuzberg. Hingegen habe „das linke hedonistische Publikum“, das nachmittags im Grunewald demonstrierte, „keinen Bock auf plumpen linksradikalen Krawall“ gehabt. Rechtstreu seien die Teilnehmer allerdings auch nicht gewesen, befand Lux und meinte damit diverse Sachbeschädigungen im Grunewald an Autos und Hauswänden.

Bei der satirischen Demonstration ist es nach Angaben des Einsatzleiters der Polizei, Siegfried-Peter Wulff, zu insgesamt 82 Fällen von Sachbeschädigungen gekommen. Im Nachhinein sei man meist schlauer, räumte Wulff selbstkritisch ein, dass er nicht mit so vielen Teilnehmern gerechnet habe. Der Anmelder, ein Mitglied der Band „The Incredible Herrengedeck“, sei sehr kooperativ gewesen, habe aber selbst nicht mit so einer großen Resonanz gerechnet. Als die Zahl der Demonstranten auf 1.000 angewachsen sei, insgesamt waren es dann 3.000, hatte Wulff die dritte Abteilung der Bereitschaftspolizei hinzugezogen. Damit waren 700 Beamte vor Ort.

Bilanz Rund um den 1. Mai sind laut Polizei 103 Menschen festgenommen und 370 Verfahren wegen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten eingeleitet worden. Darunter sind 21 Verfahren wegen Landfriedensbruch, 18 wegen Körperverletzung und 10 wegen Widerstands gegen Polizisten gewesen. Drei Haftbefehle wurden verhängt. 21 Polizisten wurden verletzt, 2 mussten wegen schwerer Verletzungen vom Dienst abtreten. (taz)

Ein mitdemonstrierender EU- Politiker habe kostenlos Spraydosen mit seinem Konterfei verteilt, sagte Wulff. „Da kann so was dann auch aus dem Ruder laufen. Hatte man das Tatmittel in der Hand, wurde es vereinzelt auch eingesetzt.“ Geparkte Autos, Klingeltableaus, Verkehrsschilder, Dixiklos, Gehwege seien besprüht worden. In einem Fall auch ein Baum. Den Namen des Verteilers der Spraydosen nannte Wulff nicht. Laut einem Polizeisprecher war es Martin Sonneborn von Die Partei.

Sechs Festnahmen erfolgten wegen Verdachts der Farbschmiererei. Ein Anwohner aus Grunewald habe der Polizei zudem Fotos von Straftaten angeboten. Auf die Frage des Grünen Lux, ob hochwertige Dinge beschädigt worden seien, antwortete der Einsatzleiter: „Das ist eine Definitionsfrage.“ Es gebe Bezirke, da werde eine Beule in einem 18 Jahre alten Auto „nicht mal mehr angezeigt“. Insgesamt seien im Grunewald 28 Fahrzeuge beschädigt worden, 12 mit Graffiti und 8 mit Kratzern. „Ein Diplomatenfahrzeug aus Oman hatte beidseitig Kratzer.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.