Berliner Wochenkommentar I: Viel Raum für Spekulation

Die Chefin des Landesflüchtlingsamts musste gehen. Warum mag die zuständige Sozialsenatorin nicht erklären. Warum eigentlich nicht?

Da waren sie noch ein Team: Claudia Langeheine, Elke Breitenbach – und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen im März 2017 Foto: dpa

Die Entlassung der Präsidentin des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten, Claudia Langeheine, durch Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) bleibt rätselhaft – vor allem deshalb, weil Breitenbachs Äußerungen dazu höchst rätselhaft sind.

Am Montagabend hatte sie per Pressemitteilung erklärt, man trenne sich „in gegenseitigem Einvernehmen“. Eine übliche Floskel, ebenso wie das folgende Lob des „außerordentlich hohen Engagements“ der Geschassten. Aufhorchen ließ allein folgender Satz: Grund der „Beendigung der Zusammenarbeit“ – es war ja offiziell keine Entlassung – „sind unterschiedliche Vorstellungen über die Weiterentwicklung des Landesamtes“.

Nun wäre dies in der Tat ein guter Grund – doch wüsste man zu gern, was denn die diesbezüglichen Vorstellungen der Senatorin sind. Dazu aber hat sie sich auch am Donnerstag im Sozialausschuss nur höchst nebulös geäußert mit dem etwas fadenscheinigen Hinweis, sie müsse ihre (ehemalige) Mitarbeiterin schützen, „die Präsidentin einer nachgeordneten Behörde hat kein politisches Amt inne“.

Breitenbach selbst aber schon. Und die Öffentlichkeit hat wohl ein Recht, zu erfahren, wie es weitergeht mit einer Behörde, deren verantwortungsvolle Aufgabe es ist, immerhin noch rund 25.000 Geflüchtete menschenwürdig unterzubringen. Dennoch war die einzige Aussage Breitenbachs am Donnerstag dazu eine Binsenweisheit: dass nämlich das LAF umgebaut werden müsse, weil nur noch wenige Flüchtlinge kommen, derzeit rund 700 pro Monat statt pro Tag wie 2015.

So bleibt viel Raum für Spekulation: Will Breitenbach das Amt, dessen „Freundin“ sie nach eigener Aussage nie war, verkleinern, will sie Personal abbauen – musste Langeheine deshalb gehen? Ist die Senatorin, trotz gegenteiliger Beteuerungen, unzufrieden, weil das LAF offenbar weiterhin Probleme bei der Abrechnung mit Heimbetreibern hat, wie diese beklagen? Wieso gibt es noch immer keine unabhängige Beschwerdestelle für Geflüchtete, die Pro­bleme in ihrem Heim haben, eine Art „Heim-TÜV“, den der Koalitionsvertrag versprochen hat? Wollte Langeheine das nicht, weil die Kontrolle der Heime bislang Amtsaufgabe war?

Die Liste der offenen Fragen ließe sich fortsetzen. Als Breitenbach noch Oppositionelle war, schaute sie dem Amt, das damals noch Lageso hieß, streng auf die Finger und forderte vom zuständigen Sozialsenator in allen Belangen Aufklärung. Nun ist sie selbst oberste Chefin der Behörde und lässt sich nicht in die Karten blicken. Leider haben wir keine Opposition mehr, die das Thema interessiert.

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