Berliner Wochenkommentar II: Besser macht's die Schweiz

Drogenpolitisch bleibt Berlin Provinz – wenn der rot-rot-grüne Senat nicht endlich die im Koalitionsvertrag beschlossene legale Drogenanalyse umsetzt.

Was da wohl genau drin ist? Ecstacy Foto: dpa

Menschen aus der ganzen Welt kommen wegen der Technoclubs nach Berlin. Doch was subkulturell eine Weltstadt ist, ist drogenpolitisch bis heute Provinz. Und so wird es bleiben, wenn der rot-rot-grüne Senat nicht die in seiner Koali­tionsvereinbarung vorgesehene legale Drogenanalyse umsetzt.

Überdosierung, Mischkonsum, Verunreinigungen – das sind die Gefahren, denen GelegenheitskonsumentInnen ausgesetzt sind. Noch immer warnen Fachleute etwa vor dem Phänomen stark überdosierter Ecstasy-Tabletten. Es gibt immer wieder Fälle, in denen beispielsweise Halluzinogene beigemischt sind, ohne dass die Konsumenten das wissen. Und die Liste der gefährlichen Unwägbarkeiten, die die Verbotspolitik mit sich bringt, ließe sich noch fortsetzen.

Bis heute sind Fachstellen aus ganz Europa auf Daten aus der Schweiz angewiesen. Nur dort wird systematisch erhoben und untersucht, was die Leute konsumieren – mit aufsuchender Drogensozialarbeit in Clubs und vor allem mit kommunalen Drug-Check-Angeboten.

Die konservative Schweiz ist deshalb genauer als jeder andere Staat der Welt darüber im Bilde, was seine BürgerInnen so nehmen – und kann entsprechend reagieren: mit Aufklärung, wenn nötig mit Warnungen oder weitergehenden angepassten Angeboten. Vor allem aber können sich auch die KonsumentInnen dort darüber klar werden, was sie nehmen wollen und was nicht.

Von Berlin kann man das nicht behaupten. Im Gegenteil: Hier bleibt Konsum ein unkalkulierbares Risiko. Und die Gesundheitsgefährdung, die er mit sich bringt, geht hier, wie so oft, zu einem guten Teil von der prohibitionistischen Drogenpolitik aus.

Die „Schulung des Personals“ in Clubs für den Umgang mit Notfällen, die der Senat nun als Reaktion auf die am Donnerstag veröffentlichten Ergebnisse seiner Konsumstudie angekündigt hat, ist schön und gut. Sie greift aber erst dann, wenn der Schaden schon da ist. Das ist fahrlässig spät.

Bis heute sind es kleine, privat getragene Initiativen wie etwa der Verein Eclipse, die mit „psychedelischen Ambulanzen“ versuchen, vor allem jüngere KonsumentInnen aufzuklären und ihnen im Notfall beizustehen. Das ist ehrenwert und löblich. Es kann aber das Kernproblem nicht lösen: dass hierzulande niemand wissen kann, was er oder sie eigentlich nimmt. Nur dieses Wissen aber macht einen mündigen, risikoarmen Konsum möglich.

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