Berlusconis Karriere: Staatsmann nur im Traum

In die Geschichtsbücher wird der Ausnahmepolitiker sicher eingehen. Wenn auch nicht so, wie er sich wünscht. Italien sei nicht „gerecht“ schimpft er deshalb.

„Dieses Land ist nicht gerecht“ – Berlusconi in seiner Videobotschaft nach dem Urteil Bild: ap

ROM taz | Heiß, und wohl vergeblich, wünscht er sich, als „statista“ – auf Italienisch heißt das Staatsmann – in die Geschichtsbücher einzugehen. Ein anderes Etikett aber wird Silvio Berlusconi kaum verwehrt bleiben: das des Ausnahmepolitikers.

Dabei war er bloß aus der Not heraus in die Politik geraten, im Jahr 1994, als die alten, korrupten Parteien der Sozialisten und der Christdemokraten, die immer ihren Schutzschirm über den Medientycoon Berlusconi gehalten hatten, unter dem Druck der Staatsanwälte zusammengebrochen waren.

Im Januar jenes Jahres gründet Berlusconi seine Partei Forza Italia, weil er nun zu seinem eigenen Beschützer werden muss – und gewinnt im März aus dem Stand die Wahlen. Auf den Gipfeln traf er damals mit John Major aus Großbritannien zusammen, mit François Mitterrand aus Frankreich, mit Helmut Kohl oder Bill Clinton. Sie alle sind seit Langem in Polit-Rente – bloß einer ist noch da: Silvio.

In einer vom italienischen Fernsehen ausgestrahlten Videobotschaft wandte sich Berlusconi am Donnerstagabend an die Nation. „Am Ende meiner Karriere wird der 20-jährige Einsatz für dieses Land mit Beschuldigungen und einem Urteil belohnt, das jeder Grundlage entbehrt“, schimpfte der verbittert wirkende Politiker. Er habe „niemals ein Steuerbetrugssystem auf die Beine gestellt“, sondern vielmehr „zum Reichtum des Landes beigetragen“.

„Dieses Land ist nicht gerecht“, fuhr der dreimalige Ministerpräsident fort, der sich schon in der Vergangenheit wiederholt als Opfer der italienischen Justiz und ihrer „kommunistischen Richter“ dargestellt hatte. Das Urteil beraube ihn seiner „Freiheit und politischen Rechte“. Dennoch kündigte er an, als Politiker weitermachen und seine frühere Partei Forza Italia wiederbeleben zu wollen, die Berlusconi bei seinem Eintritt in die Politik 1994 gegründet hatte. (afp)

Gut 10 der letzten 20 Jahre sahen ihn als Italiens Regierungschef, aber am Ende gelang es Berlusconi, die gesamte Epoche seit 1994 zu prägen – weil er nie weg war. 17 Prozesse hat er überstanden und drei Wahlniederlagen, in den Jahren 1996, 2006 und 2013. „Ventennio“: Dies war der Titel, der in Italien früher für die gut 20 Jahre der Herrschaft Benito Mussolinis – von 1922 bis 1943 – reserviert war. Mittlerweile redet das Land, mit Recht, auch von Berlusconis „ventennio“.

Für Mussolini allerdings war seinerzeit Schluss. Für Berlusconi dagegen geht die Geschichte weiter. Offiziell ist er zwar heute nur noch einfacher Senator – doch ohne ihn geht nichts in der italienischen Politik.

Seine Partei „Popolo della Libertà“ (PdL – Volk der Freiheit) ist als Koalitionspartner für Ministerpräsident Enrico Letta unverzichtbar. Und „seine“ Partei: Das muss man in diesem Falle wörtlich nehmen. Ohne Berlusconi würde der Verein sofort auseinanderfallen, hätte er bei Wahlen nur miserable Chancen. Mit ihm dagegen klettert der PdL in den Umfragen Woche für Woche, ganz unabhängig davon, was Richter gerade entscheiden.

Zurzeit liegt die eigene Partei bei über 27 Prozent, die gesamte Rechtsallianz bei gut 35 Prozent – und würde damit aktuell die Wahlen gewinnen. Berlusconi plant deshalb schon jetzt über den Tag hinaus. Im Herbst will er wieder seine alte Forza Italia aus der Taufe heben. Er selbst darf dann nicht mehr als Spitzenkandidat antreten – aber eine Nachfolgerin stünde schon bereit: Marina Berlusconi, die Tochter.

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