Bezahlbarer Wohnraum in Bremen: Die Politik entdeckt ihre Stadt

Baupolitiker von Rot-Grün wollen Aktivität signalisieren – und sich ohne neue Konzepte für mehr bezahlbaren Wohnraum stark machen.

Überseestadt von oben

Soll auch einige Sozialwohnungen bekommen: Überseestadt. Foto: dpa

BREMEN taz | Sie nennen es „dringlich“, aber das ist nur so ein parlamentarischer Trick, der dafür sorgen soll, dass die Bürgerschaft diese Woche wirklich über das “Sofortprogramm Wohnungsbau“ des rot-grünen Senates diskutiert. Der hat das Konzept schon im Dezember beschlossen – jetzt haben es die Baupolitiker von Rot und Grün, Jürgen Pohlmann und Robert Bücking, nochmal in einem eigenen Antrag aufgeschrieben.

Er fordert Unstreitiges: die Umsetzung der Initiative. Sie enthält neben lange Diskutiertem vor allem Absichtserklärungen, Wünsche an die Verwaltung oder die Wohnungswirtschaft sowie die Forderung, der Bund möge mehr Geld geben.

Strittige Punkte werden dagegen offiziell ausgeklammert: Die von der SPD lange und vehement geforderte Bebauung der Osterholzer Feldmark ist nun gar kein Thema mehr. „Die Frage stellt sich heute nicht“, erklärt SPD-Politiker Pohlmann, zur Freude der Grünen.

Bis 2017 rechnet Bremen mit knapp 30.000 Flüchtlingen. Weil die aber „aus den verfluchten Zelten und Turnhallen raus müssen“, wie Bücking sagt, sollen im laufenden Jahr 7.800 Plätze in Übergangswohnheimen entstehen. Außerdem sollen in den kommenden drei Jahren 3.500 Wohnungen in sogenannten „Modulbauten“ gebaut werden, dazu – binnen zweier Jahre – weitere 2.000 „im preisgebundenen bezahlbaren Segment“.

Die Bebauung der Osterholzer Feldmark ist kein Thema mehr, sagt die SPD

Wo? Im Bremer Norden und der Überseestadt, sagt der Senat. „Bremen hat viel Platz im Inneren“, sagen SPD und Grüne. „Ständig werden weitere Flächen entdeckt“, behauptet der Antrag – und nennt die Galopprennbahn als Beispiel.

„Wir sind eine wachsende Stadt“, sagt Pohlmann feierlich, „das möchte ich noch einmal betonen.“ Bücking wiederum, der so gerne Bausenator werden wollte, aber an seiner eigenen Partei scheiterte, erklärt, „dass es eine Auseinandersetzung mit unseren Ressourcen geben muss“.

Sehr stolz ist Rot-Grün darauf, dass nun immer dann, wenn in Bremen ein städtisches Grundstücke verkauft oder neues Baurecht geschaffen wird, 25 Prozent der neuen auch Sozialwohnungen sein müssen. Auf diese Weise entstehen an der Marcuskaje in der noblen Überseestadt 130 etwas bezahlbarere Wohnungen.

Im neuen Quartier auf dem Krankenhausgelände am Hulsberg ließe sich die Quote zwar auch auf 33 Prozent steigern, findet Bücking, wegen der „großen Integrationskraft“ der östlichen Vorstadt. Er will sich das aber lieber nur „vornehmen“. Denn in der Bauwirtschaft sei das eine „sensible Frage“ – günstige Wohnungen sind ja weniger rentabel.

Dabei hat sich die Zahl der Sozialwohnungen in Bremen allein zwischen 2005 und 2010 auf 4.586 halbiert. 1990 gab es einmal 80.000 solcher Sozialwohnungen. „Das ist ein Wettkampf, den wir nicht gewinnen können“, sagt Bücking. Rot-Grün setzt vor allem auf die Gewoba als einzige Gesellschaft, an der die Stadt noch Anteile hat. Sie hat angekündigt, bis 2017 insgesamt 1.438 Wohnungen erstellen zu wollen, davon voraussichtlich 790 geförderte.

Darüber hinaus wollen SPD und Grüne serielles Bauen aus Fertigteilen fördern – schließlich gibt es dafür mit dem Altbremer Haus ein heute begehrtes historisches Vorbild. Aber auch die großen Geschosswohnungssiedlungen sollen höher und dichter bebaut werden, auch gegen den Widerstand der AnwohnerInnen – „weil das Problem nicht anders zu lösen“ sei, wie Bücking sagt, und „wir liefern müssen“, so Pohlmann.

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