Beziehungen China und Deutschland: Maas' verworrene China-Strategie

Nicht nur Donald Trump kritisiert die wirtschaftliche Abhängigkeit von China. Auch Jürgen Trittin warnt vor einer zu großen Abhängigkeit.

Heiko Maas und sein Kollege Wang Yi stehen nebeneinander

Händeschütteln ist noch keine Strategie: die Außenminister Heiko Maas und Wang Yi Foto: dpa

PEKING taz | Eins hatte sich Bundesaußenminister Heiko Maas fest vorgenommen: Er wolle sich von der chinesischen Regierung nicht vor den Karren spannen lassen – auch wenn US-Präsident Donald Trump im Handelsstreit die beiden Exportweltmeister China und Deutschland derzeit in einem Atemzug an den Pranger stellt. „Ich werde ein solches Signal nicht aussenden“, sagte Maas zu Beginn seines zweitägigen Besuchs in Peking, der am Dienstag endete.

Das hat er dann auch nicht getan. Stattdessen suchte er den Schulterschluss mit China bei anderen Themen: Abrüstung und eine Stärkung der Vereinten Nationen.

„Die UN sind eine zentrale Säule einer regelbasierten globalen Ordnung“, sagte Maas am Dienstag nach dem Treffen mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi. „Wir wollen Möglichkeiten finden, wie wir gemeinsam mit China diese Ordnung stärken können“. Maas verwies auf die gute Zusammenarbeit mit China etwa beim Atomabkommen mit Iran. Überall auf der Welt würden neuartige Waffen entwickelt, für die es noch gar keine Regelwerke gebe.

Europa habe die Erfahrung gemacht, dass man mehr und nicht weniger Regeln brauche, etwa um neue Rüstungswettläufe zu verhindern. „Die Rüstungskontrolle ist für die Menschheit im 21. Jahrhundert nichts anderes als eine Überlebensfrage.“

Handelsfragen nicht im Mittelpunkt

Der chinesische Außenminister sagte seinerseits Maas seine Unterstützung zu. Angesichts tiefgreifender Veränderungen und weltweit wachsender Unberechenbarkeit sei China für eine wichtige Rolle Deutschlands im Sicherheitsrat. Gemeinsam mit Deutschland wolle sein Land strategisch globale Herausforderungen angehen.

Dass Maas bei seinen Gesprächen in Peking Handelsfragen offenbar nur am Rande zur Sprache brachte, dürfte zumindest einige deutsche Unternehmer enttäuscht haben. Unfaire Handelspraktiken, Protektionismus, Diskriminierung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Diebstahl geistigen Eigentums – das sind Punkte, die nicht nur Trump, sondern auch Politiker und Unternehmer in Deutschland an China kritisieren.

Trotz anderslautender Versprechungen hat die chinesische Führung viele ihrer Märkte auch weiter nicht für ausländische Unternehmen geöffnet. Ein verlässlicher Partner sei China nicht, heißt es aus dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Trump hat seine Drohungen bereits wahr gemacht: Jede zweite Ware aus China ist in den USA mit Strafzöllen belegt.

Zwischen Baum und Borke

Doch Deutschland befindet sich in einem Dilemma. Die Furcht ist groß, China könnte mit seiner industriepolitischen Strategie „Made in China 2025“ zum Technologieführer aufsteigen und die deutsche Wirtschaft abhängen.

Allerdings sind dem US-Präsidenten auch Deutschlands Exportüberschüsse ein Dorn im Auge. Er hat mehrfach schon mit Strafzöllen etwa auf deutsche Autos gedroht, sollten die Deutschen ihre Überschüsse gegenüber den USA nicht abbauen.

Deutsche Firmen immer abhängiger von China

Zugleich ist – nicht zuletzt im Zuge des Handelsstreit mit den USA – die Abhängigkeit deutscher Firmen von China noch mehr gewachsen. Allein im ersten Halbjahr 2018 haben die Deutschen Waren im Wert von 45 Milliarden Euro nach China geliefert – ein Plus von über zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Hält dieser Trend an, wird China schon bald der wichtigste Importeur von Waren aus Deutschland. Angesichts dieser komplizierten Gemengenlage scheint Maas das Thema in Peking ganz zu meiden.

Kritik an Maas

Für diese Haltung wird Maas daheim kritisiert. Grünen-Politiker Jürgen Trittin warf dem Außenminister vor, keine klare China-Strategie zu verfolgen. China nutze gezielt die Lücken, die Trump durch seinen „Unilateralismus“ und „Wirtschaftsnationalismus“ hinterlasse, monierte Trittin, der Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages ist.

Zugleich schere sich China „einen Teufel um die Einhaltung der Menschenrechte“, sondern sei stattdessen dabei, mit der Strategie „China 2025“ wirtschaftliche Dominanz in Schlüsselbereichen zu erobern.

Einem neuen wirtschaftlichen Kalten Krieg zwischen diesem China und Trumps America First stünden Deutschland und die Europäische Union „strategielos“ gegenüber, wettert Trittin. Wenn Europa nicht aufwacht, drohe der größte Binnenmarkt der Welt zu einem Spielball zwischen den beiden großen Mächten zu werden.

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