Bipolares Bildungssystem: Zwei Sorten Lehrer

Hamburg soll auch künftig Lehrer für Stadtteilschulen und Gymnasien separat ausbilden. Grüne Bildungspolitiker wollen eine Ausbildung, Bremen macht es vor.

„Schule“ kann sehr verschieden sein - was auch für die Ausbildung der LehrerInnen gilt. Foto: dpa

HAMBURG taz | Schulsenator Ties Rabe (SPD) will den Studiengang für „Grund-, Haupt- und Realschullehrer“ (GHR) in zwei Studiengänge aufgespalten: einen für Grundschulen und einen für Stadtteilschulen. Eine entsprechende „Reform der Lehrerbildung“ hat Rabe gestern vorgestellt. Statt einem Lehrerberuf für den Unterricht der Klassen 1 bis 10 soll es dann je einen für die Arbeit mit jüngeren und mit älteren Schulkindern geben. Die Änderung erfolgt, weil es mit wenigen Ausnahmen keine Schulen mehr gibt, in denen Lehrer von der ersten bis zur 10. Klasse unterrichten.

Über Details soll nun eine Expertenkommission bis 2017 brüten, die bereits seit Dezember arbeitet. „Ich erwarte mit Spannung die Vorschläge“, so Rabe. Frühesten 2018 würden dann die neuen Pädagogen ausgebildet. Interessant war, was Rabe nicht sagte: Einen ähnlichen Weg wie das rot-grün regierte Bremen oder Schleswig-Holstein will Hamburg offenbar nicht gehen. In beiden Ländern gibt es wie in Hamburg ein „Zwei-Säulen-Modell“ aus Gymnasium und einer zweiten Schulform namens Oberschule oder Gemeinschaftsschule, beide führen zum Abitur.

570 Referendare stellt Hamburg jährlich ein: darunter 180 angehende Grund- Haupt- und Realschullehrer (GHR) und 180 Gymnasialllehrer.

Ungleichheit gibt es beim Gehalt: GHR-Lehrer haben A12, Gymnasiallehrer A13. Netto sind das bis 300 Euro weniger.

Weil die Ausbildung für alle gleich lange dauert, fordert die GEW „A13 für alle“.

Schleswig-Holstein hat einen Studiengang für Gymnasien und Gemeinschaftsschulen.

In Kiel und in Bremen ging man bei der Reform aber viel weiter. Statt weiter die Ausbildung von Haupt-, und Realschul-, und Gymnasiallehrer zu trennen, schuf man das „Sekundarschullehreramt“ für beide Schulformen. Jeder Lehrer studiert zwei Fächer und Pädagogik. So hat es auch bereits 2012 in Berlin eine „Expertenkommission Lehrerbildung“ unter Pisa-Forscher Jürgen Baumert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung empfohlen. Und so steht es auch in einem Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung der Grünen. Neben den drei Lehrämtern für Grundschulen, Sonderschulen und Berufsschulen solle es ein „Lehramt Sekundarstufe I und II“ geben.

Doch der Einfluss der Grünen ist hier marginal. Ties Rabe will an der Gymnasiallehrer-Ausbildung nicht rütteln. Stattdessen gibt es für die neue Kommission die Vorgabe, auf fünf Studiengänge zu kommen: Berufsschule, Sonderpädagogik, Grundschule, Stadtteilschule und Gymnasium. Die Gymnasiallehrerausbildung sei „mit hoher Fachlichkeit verbunden“, so Rabe. Und Stadtteilschullehrer müssten in der Lage sein, mit sehr unterschiedlichen Schülern zurechtzukommen.

Nach Lesart Grüner Bildungspolitiker braucht man aber auch am Gymnasium Lehrer, die etwas von Pädagogik verstehen und mit Heterogenität umgehen könne. Und auch an der Stadtteilschule ist Fachlichkeit gefragt. Immerhin schafften es im jüngsten Abgängerjahrgang der 10. Klassen 54 Prozent in die Oberstufe der Stadtteilschulen.

Doch in Hamburg ist seit dem verlorenen Schul-Volksentscheid von 2010 alles tabu, was die Gymnasial-Lobby ärgert. Und das könnte passieren. Hatte doch in Schleswig-Holstein die konservative Opposition seinerzeit gegen den „Einheitslehrer“ gewettert. Hamburg hat zwar bis zur Wahl noch vier Jahre Zeit, für eine konsequente Schulpolitik fehlt aber der Mumm.

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