Blockaden behindern Nazidemo: Kein Heimspiel für Nazis in Marzahn

Rund 150 Nazis gelang es in Marzahn-Hellersdorf weder, auf ihrer ursprünglich geplanten Route zu laufen, noch AnwohnerInnen zu locken.

Auch in Marzahn-Hellersdorf müssen Nazis mit Gegenprotest rechnen Foto: dpa

Eben saßen die rund 100 Menschen noch ruhig auf der Straße, ohne die behelmten Polizisten rundherum hätte die Szene eher wie ein ­großes Picknick als wie eine Sitzblockade gewirkt. Jetzt kommt Bewegung in die Gruppe: Die Neonazis sollen doch noch loslaufen, wenn auch auf einer anderen Route als der geplanten. Die linken AktivistInnen auf der Zossener Straße stecken die Köpfe über ihren ­Aktionskarten zusammen: Wie könnte die neue Route ­aussehen? Dann bricht der Großteil auf Richtung Landsberger Allee, angeführt von türkisfarbenen Fahnen und Regenschirmen.

Die Neonazis haben zu diesem Zeitpunkt schon fast zwei Stunden auf den Beginn ihrer Demonstration gewartet. Sie stehen am U-Bahnhof Hellersdorf, direkt vor der Alice-Salomon-Hochschule, von deren Balkonen linke GegendemonstrantInnen Krach machen. Rund 150 DemonstrantInnen sind gekommen, weniger als zu früheren rechten Demonstrationen im Bezirk. Schwarz gekleidete, aggressiv auftretende Neonazis stehen an der Spitze des kleinen Demonstrationszugs, der eigentlich um 13 Uhr beginnen sollte. „Linksfaschisten haben Namen und Adressen“ steht auf ihrem Fronttransparent. „Hier marschiert der nationale Widerstand“ werden sie später skandieren.

Der NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke ist dabei und schüttelt fleißig Hände, einige der Bärgida-DemonstrantInnen sind gekommen, der ­NPDler Christian Schmidt aus Buch und seine Kameraden ebenfalls. Der Hellersdorfer Neonazi René U. und seine Truppe, die im Internet als Bürgerinitiative „Nein zum Heim Marzahn-Hellersdorf“ auftreten, stehen als separate Kundgebung etwas weiter nördlich und grölen „Hellersdorf bleibt braun“. AnwohnerInnen außerhalb der Neonaziszene zu ihrer Demonstration zu locken scheint den Rechten heute nicht gelungen zu sein.

Gegenüber vom Auftaktort der Nazis, auf der anderen Seite der Kreuzung findet die Gegenkundgebung statt, zu der verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen wie das bezirkliche Bündnis Für Demokratie und Toleranz aufgerufen hatte. Hier stehen etwa 200 Menschen, insgesamt sind aber deutlich mehr GegendemonstrantInnen im Bezirk unterwegs – die Polizei spricht von „mindestens 400“, tatsächlich dürften es etwa doppelt so viele sein. In kleineren Gruppen versuchen sie immer wieder, auf die Strecke der Nazis zu kommen. Die Polizei, mit 550 Beamten im Einsatz, geht mit Hunden und Pfefferspray dagegen vor, hat dabei aber alle Hände voll zu tun.

Schließlich die Entscheidung: Die Nazidemo wird umgeleitet. Die neue Route ebenfalls zu blockieren gelingt den GegendemonstrantInnen nicht, die Polizei sperrt die Brücken über die Wuhle ab. Nazis versuchen, aus der Demonstration auszubrechen, nicht immer kann die Polizei sie daran hindern.

Am Endpunkt der Nazis, dem S-Bahnhof Marzahn, finden sich gegen 16 Uhr noch einmal rund 150 Gegendemons­trantInnen ein und schaffen es, die Abschlussreden der Nazis deutlich zu übertönen. „Wir haben es geschafft, den Nazis ihren ursprünglichen Plan gründlich zu vermiesen“, sagt Hannah Eberle, Sprecherin des Berliner Bündnisses gegen rechts. Das Heimspiel, das die Nazis sich für diesen Tag ausgemalt hatten, ist ihnen in Marzahn-Hellersdorf nicht gelungen.

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