Blockierte Ölterminals in Libyen: Ende des Stillstands

Die Übergangsregierung und die Föderalisten haben sich geeinigt, die Blockade der Ölproduktion aufzuheben. Zwei der vier Häfen werden wieder geöffnet.

Neue Tanker kommen bald, wie hier im Hafen von Zawiya. Bild: dpa

TRIPOLIS taz | Am Wochenende haben sich die Übergangsregierung in Tripolis und der Anführer der Föderalisten im Osten des Landes, Ibrahim Jatran, überraschend auf die Öffnung von zwei der vier blockierten Ölhäfen geeinigt. Seit Juli vergangenen Jahres stand die Ölproduktion in Libyen so gut wie still. Föderalisten und andere Gruppierungen hatten Pipelines und Ölhäfen zur Durchsetzung ihrer Forderungen blockiert.

Zwei der vier gesperrten Ölhäfen würden sofort geöffnet, gab Justizminister Salah al-Marghani bekannt. Die Vorbereitungen in den Häfen Zueitina und Tobruk-Hariga liefen bereits. Das erste Schiff wird am Mittwoch in Tobruk erwartet. Aufgrund der vollen Tanks und der wieder produzierenden Sarir- und Misla-Ölfelder könnten bald 180.000 Barrel am Tag verladen werden, sagte ein leitender Manager.

Die Aussicht auf die Rückkehr des qualitativ hochwertigen Öls von Afrikas größtem Exporteur auf den Markt drückte die Preise der Sorte Brent Spar in Asien und New York, wo das Barrel am Montag um 30 Cent auf 110,84 Dollar fiel. Die achtmonatige Blockade brachte Libyen um Einnahmen in Höhe von bis zu 7 Milliarden Dollar, die zum Aufbau von Infrastrukturprojekten und für die Ausbildung der zahlreichen Milizionäre dringend benötigt werden.

„Dieser historische Vertrag wird Druck auf andere Gruppen ausüben, ihren politischen Willen mit demokratischen Mittel und nicht mit Waffen oder Blockaden durchzusetzen“, hofft ein Geschäftsmann aus Bengasi, der in den letzten Monaten den Abzug fast aller ausländischer Firmen mit ansehen musste.

Wenig Details bekannt

US-Spezialeinheiten hatten einen von Jatran gecharterten Tanker unter nordkoreanischer Flagge vor zwei Wochen aufgebracht und nach Libyen zurückgebracht. Dies wurde von vielen Milizen in Libyen als Warnung vor künftigen Aktionen des US-Militärs verstanden.

Über die Details der Vereinbarung mit den Föderalisten ist wenig bekannt. Der ehemalige Revolutionär Jatran hat offensichtlich für Straffreiheit und Sold für seine Milizionäre auf die Forderung eines Autonomie-Referendums in der Cyreneika, der Provinz im Osten Libyens, verzichtet. Er konnte immerhin die Ernennung eines neuen Armeekommandanten durchsetzen.

Noch ungeklärt ist die Verteilung der Öleinnahmen zwischen Libyens Provinzen. Die Verhandlungen gingen weiter, erklärte der Justizminister und kündigte die Öffnung der Häfen Ras Lanuf und al-Sidra in vier Wochen an.

Künstliche Preisgrenzen

Jatran war im Frühjahr vergangenen Jahres zum Chef der Schutztruppe für die Ölanlagen ernannt worden, bevor er aus Protest gegen Korruption und Zentralisierung der Macht in Tripolis den Spieß umdrehte. Die Regierung bezahlte ihn zunächst weiter. Viele Bürger in der Cyreneika fühlen sich wie vor der Revolution von den Behörden in Tripolis vernachlässigt – ein Grund für den Beginn der Proteste gegen Muamar Gaddafi im Februar 2011.

Trotz eines Jahresbudgets von fast 60 Milliarden Dollar ist von staatlichen Investitionen wenig zu sehen, ein Großteil des Geldes fließt an Milizen und Beamte. „Die wirkliche Revolution wäre eine Umstellung des gesamten sozialen Systems“, meint Abdelrahman Obeidi, ein Wirtschaftsexperte.

70 Prozent der Libyer arbeiten für den Staat; Brot, Strom und Benzin werden künstlich billig gehalten. In Libyen kostet ein Liter Benzin kaum 10 Cent, im benachbarten Tunesien mehr als das Zehnfache. Der Grenzschmuggel führt immer wieder zu Chaos und Schließung der Grenzen nach Tunesien und Ägypten.

Ein Ingenieur aus Tobruk berichtet, dass Anhänger und Gegner der Föderalisten erleichtert auf die Vereinbarung reagierten. „Libyen blockiert sich seit Monaten politisch und wirtschaftlich selbst“, sagt Faraj Elhumani. „Die Leute wollen Fortschritt sehen, Ausbildungsplätze und eine Vision des neuen Libyen.“

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