Braunschweig schlägt Hannover im Nord-Derby: Euphorie in Blau-Gelb

Braunschweig kämpft im Nord-Derby Hannover 96 mit 3:0 (2:0) nieder. Während die Löwen Hoffnung schöpfen, ist Hannover wieder im Abstiegsstrudel. Die befürchtete Randale blieb zunächst aus

Ein leichter Sieg für Braunschweig: Havard Nielsen jubelt nach seinem Tor zum 2:0 Bild: dpa

HANNOVER taz | Was vorher so kompliziert und schwierig klang, war am Ende ganz leicht. Eintracht Braunschweig, das tapfere Schlusslicht der Fußball-Bundesliga, gilt seit Monaten als allererster Kandidat auf den Abstieg. Warum also sollte ausgerechnet im brisanten Niedersachsen-Derby gegen Hannover 96 ein Erfolg der besonderen Art gelingen?

Die Antwort auf diese Frage stand bereits nach wenigen Minuten fest. Denn die im Winter schon abgeschlagenen Braunschweiger, in der Rückrunde erstaunlich bissig und erfolgreich, zeigten auch im Duell mit ihrem ungeliebten Nachbarn die nötige Leidenschaft für einen Erfolg. Domi Kumbela (14. Minute), der nach einem Fehler von 96-Torhüter Ron-Robert Zieler erfolgreich war, Havard Nielsen (20.) und Jan Hochscheidt (89.) schossen einen klaren 3:0(2:0)-Sieg für das Tabellenschlusslicht heraus. Hannover verlor das Spiel, den Überblick und darüber hinaus auch noch Andre Hoffmann wegen einer Roten Karte in der 62. Minute.

Mit einem Meer aus blau-gelbem Konfetti und vielen Fahnen hatten die Anhänger von Eintracht Braunschweig ihre Mannschaft im mit 23.235 Zuschauern erneut ausverkauften Stadion begrüßt. Ein Teil der Begeisterung von den Rängen muss sich direkt auf die Spieler des Aufsteigers übertragen haben. Das Team um Kapitän Kumbela zeigte zwar wie schon im Hinspiel keinen schönen Fußball, ärgerte den Erzrivalen aus Hannover aber nach Kräften.

Bezeichnend für die Brisanz und den enormen Druck in diesem Niedersachsen-Derby war die Entstehung des 2:0. Rechtsverteidiger Benjamin Kessel hatte den Ball einfach nur noch lange nach vorne gedroschen. Den Mangel an individueller Klasse glich Braunschweig auch in dieser Situation durch Elan und Leidenschaft aus. Torschütze Nielsen verwertete die rustikale Vorlage von Kessel mutig, indem er frei von jedem Kalkül zu einem wunderbaren Linksschuss ansetzte und damit Erfolg hatte.

Der Euphorie in Blau-Gelb stand eine Mischung aus Lethargie und Verkrampfung gegenüber. Hannover 96, das immer mehr in akute Abstiegsgefahr gerät, gab in der ersten Halbzeit zwar den Ton an, aber aus viel Ballbesitz und soliden Kombinationen konnte der Gast nichts Zählbares machen.

„Angst lähmt oft“ – mit diesem wenig charmanten Satz hatte Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht beschrieben, wie er den Kontrahenten aus Hannover derzeit einschätzt. Der sportliche Chef der Eintracht sollte Recht behalten. Vor allem die 96-Abwehr ließ sich immer wieder von banalen Braunschweiger Angriffsbemühungen austricksen. Hannover kam zumindest zu einem Pfostentreffer durch Szabolcs Huszti in der 72. Minute, zu mehr Aufbäumen reichte es bei den Hauptstädtern aber nicht. Vier Niederlagen in Folge und zudem das prestigeträchtige Derby in Braunschweig verloren – Hannover 96 marschiert mit großen Schritten in den Bundesliga-Abstiegskampf.

Als Gewinner eines Spiels, das angesichts der großen Fan-Rivalität ein Hochsicherheitsspiel war, darf sich neben dem Tabellenletzten auch die Polizei fühlen. 3.300 Ordnungshüter waren im Einsatz, um ein paar unentwegte Zuschauer im Zaum zu halten. Dass es vor der Begegnung nicht zu den befürchteten Auseinandersetzungen gewaltbereiter Fans gekommen war, lag vor allem an der strikten Trennung der Problemklientel.

Rund 2.200 Fans aus Hannover, die eine Eintrittskarte im Rahmen einer Auslosung gewonnen hatten, waren mit Hilfe eines Bus-Korsos nach Braunschweig gebracht worden. Eintrittskarte nur in Verbindung mit einer Busfahrt, strenge Personenkontrollen und striktes Alkoholverbot: Was im Kreis der 96-Fans nicht gut angekommen war, weil sich so mancher seiner Reisefreiheit beraubt sah, erwies sich als kluge Maßnahme. Grund zur Klage gab es nur vereinzelt. So hatte das Amtsgericht Hannover bereits am Freitag elf Fans von 96, die sich in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt gefühlt hatten, Recht gegeben. Sie dürften nicht gezwungen werden, mit dem Bus anzureisen.

Obwohl beide Vereine gerade erst zu empfindlich hohen Geldstrafen verurteilt worden sind, hatten sich nicht alle Tribünengäste im Griff. Im Block 9, wo traditionell die besonders leidenschaftlichen Anhänger von Eintracht Braunschweig hüpfen und singen, wurde nach den Toren Pyrotechnik gezündet. Die Quittung dafür wird der Verein, der auch finanziell das Schlusslicht der Liga ist, in Kürze bekommen.

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