Bremer SPD will zwölf Euro Mindestlohn: Wende zum Wahlkampf

Nachdem der Landes- an den Bundesmindestlohn angeglichen wurde, ist Bürgermeister Carsten Sieling plötzlich „absolut nicht zufrieden“ damit.

Ein BLG-Mitarbeiter steht neben Containern.

Auch für BLG-Mitarbeiter gilt bremischer Mindestlohn Foto: dpa

BREMEN taz | Die SPD will den bremischen Landesmindestlohn reaktivieren: Stufenweise soll der auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden, so zumindest der Beschluss des Landesparteitags Mitte September. Als „Absichtserklärung“ bezeichnet das die Linke und kritisiert überdies, dass auch zwölf Euro noch zu wenig seien.

Als erstes Bundesland hat Bremen 2012 einen Mindestlohn eingeführt für Unternehmen, die öffentliche Gelder erhalten, für die Beschäftigten des Landes und als Bedingung für Zuwendungen, Vergünstigungen oder bei Subventionen. Aufgrund des Bundesmindestlohns hat ihn der Senat trotz massiver Kritik unter anderem von Gewerkschaften seit 2016 aber de facto ausgesetzt. Sowohl für den Bund als auch für Bremen gelten als Lohnuntergrenze 8,84 Euro. Einziger Unterschied: Der Mindestlohn gilt in Bremen auch für Beschäftigte unter 18 Jahren und für öffentlich geförderte Jobs.

Um so überraschter ist Claudia Bernhard, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der linken Bürgerschaftsfraktion, nun von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD). Der sagte gegenüber dem Weser-Kurier Mitte September, er sei mit dem Bundesmindestlohn „absolut nicht zufrieden“, auch nicht mit der für 2020 geplanten Erhöhung auf 9,35 Euro. Ihm schwebe deswegen eine Erhöhung „zunächst auf 10,80 Euro“ vor. Und die wiederum sollen nach dem Willen der SPD die Basis für eine weitere, schrittweise Erhöhung in der kommenden Legislaturperiode bilden.

Bernhard vermutet, dass Bremen mit dieser Wende Hamburg folgt. Auf Initiative von SPD und Grünen hat die Hamburger Bürgerschaft im Mai beschlossen, den städtischen Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen. „Aber so weit wie Hamburg will Bremen offenbar noch nicht direkt gehen, deswegen erst einmal 10,80 Euro“, sagt Bernhard. „Schließlich geht es ja auch um viel Geld.“ An der Umsetzung der Pläne hat sie freilich ihre Zweifel: „Für mich ist das erst mal nicht mehr als eine Absichtserklärung.“

Wann kommen die Änderungen?

Ohnehin, sagt Bernhard, seien zwölf Euro noch immer zu wenig und stützt sich dabei auf aktuelle Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Danach muss ein Arbeitnehmer mit einer Vollzeitstelle einen Bruttolohn von 12,63 Euro in der Stunde verdienen, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erhalten, um also nicht zusätzlich zur Rente „Hartz IV“ beziehen zu müssen.

In einer ausführlichen Anfrage an den Senat reagiert die Linksfraktion nun auf die Pläne der SPD. Sie will wissen, wie der Senat die Berechnung des BMAS bewertet, wie viele Arbeitsverhältnisse in Bremen unter dieser Grenze, aber auch unterhalb des derzeit gültigen Mindestlohns liegen und wie sich der Anteil des Niedriglohnsektors und der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen seit 2012 in Bremen entwickelt hat. Sie erfragt die Zahl der sogenannten „AufstockerInnen“ seit 2012 und die Entwicklung der Renten – und sie will wissen, ob der Senat noch in der derzeitigen Legislaturperiode Änderungen am Landesmindestlohn vornehmen will.

Letzteres ist für Bernhard eigentlich schon beantwortet: „In dieser Legislaturperiode wird da ganz sicher nichts passieren.“

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