Bremer Senat muss Abgeordnete informieren: Auch Rechte haben Rechte

Wutbürger Jan Timke siegt vor dem Bremer Staatsgerichtshof erneut gegen den rot-grünen Senat. Der aber will von einer Stärkung des Parlamentes nichts wissen.

Wutbürger Jan Timke in der Rolle als Vorkämpfer für die Rechte der Parlamentarier Foto: Carmen Jaspersen/dpa

BREMEN taz | Um Fragen von Parlamentariern zu beantworten, muss der Senat „im Rahmen des Zumutbaren alle ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten der Informationsbeschaffung ausschöpfen“. Das hat der Staatsgerichtshof am Dienstag entschieden und damit – auf Antrag von Jan Timke, Einzelabgeordneter der rechtspopulistischen Wählervereinigung „Bürger in Wut“ (BIW) – erneut die Rechte der Abgeordneten gegenüber der Landesregierung gestärkt.

Das Fragerecht der VolksvertreterInnen sei nicht bloß ein Aktenauskunftsrecht, heißt es im Urteil. Es umfasse auch „das persönliche Wissen der handelnden Personen“. Will der Senat nicht antworten, müsse er „substantiiert darlegen“, welche Anstrengungen er unternommen habe und warum diese nicht zum Erfolg führten. Und zwar auch dann, wenn der Fragesteller keiner Fraktion angehört, so wie Jan Timke, der kein Recht hat, große und kleine Anfragen zu stellen.

Im konkreten Fall ging es um eine Frage in der Fragestunde der Bremischen Bürgerschaft im vergangenen Mai. Timke hatte sich nach der Anzahl und den Motiven von Angriffen auf PolizistInnen, MitarbeiterInnen der Justiz und Verwaltung sowie PolitikerInnen im privaten Wohnumfeld erkundigt. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) antwortete mündlich, dass derartige Vorgänge technisch nicht erfasst würden. Valide Aussagen seien „mit einem vertretbaren Aufwand nicht möglich“. Eine statistische Erfassung lohne nicht, weil es nur wenige Fälle gebe. „Dabei hätte es der Senat nicht bewenden lassen dürfen“, urteilten die VerfassungsrichterInnen. Eine „behauptete schlichte Unmöglichkeit genüge“ nicht.

Zumal der Senat sich gegenüber der Linksfraktion deutlich auskunftsfreudiger zeigt, wie ihm der Staatsgerichtshof vorhält. Als die Linke im vergangenen Juni nach „vollzogenen oder versuchten Suiziden von Geflüchteten“ fragte, hat der Senat das „polizeiliche Vorgangsbearbeitungssystem manuell ausgewertet“ – also genau das getan, was er den Wutbürgern zuvor verwehrt hat.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Staatsgerichtshof auf Betreiben von Jan Timke die Rechte der Parlamentarier stärkt. Schon 2017 entschied er, dass der Senat seiner Informationspflicht nicht nachgekommen war. Der Wutbürger hatte wissen wollen, ob es Absprachen zwischen Senat und dem Bund zur Genehmigung des Offshore-Terminals Bremerhaven gegeben habe. Die knappe Senatsantwort lautete: „Nein.“ Damals verpflichtete der Staatsgerichtshof den Senat, mit Abgeordneten den Inhalt ihrer Fragen zu klären.

Timke spricht von einer „juristischen Ohrfeige“ für den Senat und fordert eine öffentliche Entschuldigung des Senats im Landtag ein. Der Senatsvertreter im Prozess, Ex-Staatsrat und Ex-Richter Matthias Stauch erklärte nach dem Urteil, der Senat werde in der Fragestunde künftig „eingehender begründen“, warum er nicht antworten könne. Auch wenn dann in der Folge weniger Zeit für Fragen der Abgeordneten sei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.