Brett Kavanaugh im US-Senat: Trumps Garant am Obersten Gericht

Donald Trump will den Supreme Court mit Brett Kavanaugh nach rechts rücken. Im US-Senat wurde der konservative Jurist jetzt angehört.

Brett Kavanaugh hebt seine linke Hand zur Vereidigung, hinter ihm Blitzlichter

Brett Kavanaugh wird vor der Anhörung im Justizausschuss vereidigt Foto: reuters

WASHINGTON taz | Mit dem Beginn der Anhörung von Brett Kavanaugh im Justizausschuss brachen am Dienstag Wut, Bitterkeit und Chaos im US-Senat aus. Von den Zuschauerbänken aus protestierten Dutzende von ZwischenruferInnen. Während sie von PolizistInnen abgeführt wurden, riefen viele flehentlich laut in den Saal hinein: „Stimmt Nein zu Kavanaugh!“

Donald Trump versucht die Mehrheit im Obersten Gericht so weit nach rechts zu rücken, wie sie seit einem halben Jahrhundert nicht mehr war. Deshalb will er seinen Wunschkandidat Brett Kavanaugh zum Obersten Richter machen. Die demokratischen Ausschussmitglieder kritisieren Trumps Vorgehen. Unter anderem prangerten sie das Hauruckverfahren, den Mangel an Transparenz und die Zurückhaltung von Hunderttausenden von Dokumenten an und äußerten Sorge um die Zukunft der Gewaltenteilung. „Warum diese Eile?“, fragte Patrick Leahy aus Vermont, der seit 44 Jahren im Senat sitzt: „Was soll hier versteckt werden?“

Nachdem die SenatorInnen am späten Montagabend – knapp elf Stunden vor Beginn der Anhörung – ein Paket von 42.000 Seiten mit Texten von Kavanaugh erhalten hatten, erklärte die kalifornische Demokratin Kamala Harris am Dienstagvormittag zu Beginn der Ausschusssitzung: „Niemand kann 4000 Seiten pro Stunde lesen“. Ihr Kollege Richard Blumenthal aus Connecticut beantragte eine Vertagung der Sitzung, sowie den Zugang zu jenen 93 Prozent der Texte, die Kavanaugh im Weißen Haus verfasst hat und weiterhin unter Verschluss sind.

In den drei Jahren, in denen Kavanaugh als Berater von George W. Bush arbeitete, befasste sich das Weiße Haus unter anderem mit dem „Krieg gegen den Terror“, richtete das Lager in Guantanamo ein, institutionalisierte die Folter und diskutierte die gleichgeschlechtliche Ehe. „Uns wird der Zugang zu wichtigen Dokumenten verweigert“, sagte Blumenthal, „diese Anhörung ist eine Farce“.

Doch der republikanische Vorsitzende des Justiz-Ausschuss Charles Grassley verweigerte kategorisch jede Änderung seines Programms. Und der texanische Senator John Cornyn versuchte die Fragen und Tagesordnungsvorschläge der DemokratInnen mit der Bemerkung abzuwimmeln, erstmals versuche eine „Meute“, einer Anhörung ihre Regeln aufzuzwingen.

„Nein“, schrie unterdessen eine junge Frau aus dem Zuschauerraum. Die Polizei schleppte sie zusammen mit zwei anderen Frauen aus dem Raum, die ihrerseits aufgestanden waren. Insgesamt wurden am ersten Tag der Kavanaugh-Anhörung mehr als 70 Personen festgenommen. Sie kamen aus einem breit gefächerten Spektrum – von der Frauenbewegung, über Bürgerrechts- und Antikriegsgruppen bis hin zu Gewerkschaften. Die Mehrheit waren Frauen.

Empfohlen von rechten Thinktanks

Manche hatten während der vorausgegangenen Nacht in einer Schlange gewartet, um einen Sitzplatz zu ergattern. Ab dem ersten Moment der Anhörung standen sie auf, um Rechte zu verteidigen, für die Generationen von US-AmerikanerInnen gekämpft haben und deren Fortbestand mit Kavanaugh als Oberstem Richter gefährdet ist: von Antidiskriminierungsgesetzen, über das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, die gleichgeschlechtliche Ehe und gewerkschaftliche Vertretungen bis hin zum Umweltschutz.

In einer kurzen Verhandlungspause ging Fred Guttenberg, Vater der bei der Schulschießerei in Parkland ermordeten Jamie, mit ausgestreckter Hand zur Begrüßung auf Kavanaugh zu. Der Richter starrte ihn einen Moment an und eilte dann aus dem Raum.

Trump hatte schon in seinem Wahlkampf erklärt, dass seine Obersten Richter selbstverständlich das Recht auf Abtreibung abschaffen und das Recht auf individuellen Waffenbesitz ausbauen würden. Empfohlen wurde Kavanaugh von den rechten Thinktanks Federalist Society und Heritage Foundation, die seit Jahren die Vorarbeit für einen Kurswechsel im Obersten Gericht geleistet haben. Der heute 53-Jährige Kavanaugh steht seit den Anfängen seiner Karriere im Dienst der Republikanischen Sache. In seinem ersten Washingtoner Job arbeitete er in den 1990er-Jahren im Team von Sonderermittler Ken Starr an einer Amtsenthebung des demokratischen Präsidenten Bill Clinton.

Seither hat Kavanaugh seine Position zu Amtsenthebungsverfahren um 180 Grad geändert. Heute ist er gegen Ermittlungen während der Amtszeit eines Präsidenten. Für Trump, gegen dessen innersten Kreis Ermittlungen laufen und der selbst von seinem langjährigen Anwalt Michael Cohen der Mittäterschaft bei einem Vergehen beschuldigt worden ist, kann ein solcher Mann im Obersten Gericht ein nützlicher Schutzwall gegen ein Amtsenthebungsverfahren sein.

Pokerface

Zweifel an der juristischen Qualifikation von Kavanaugh äußerte am Dienstag niemand im Justizausschuss. Die elf republikanischen Mitglieder preisen ihn als fachlich hochqualifiziert. Die zehn DemokratInnen bezweifelten das nicht, sondern konzentrierten ihre Kritik auf seinen politischen Aktivismus sowie darauf, dass er selbst nichts dazu beiträgt, Licht in die vielen dunklen Stellen in seinem Berufsleben – insbesondere die drei Jahre im Weißen Haus – zu bringen.

Die Anhörungen in dem Justizausschuss sollen mehrere Tage dauern. Anschließend wird der Senat entscheiden. An seinem ersten Tag vor dem Ausschuss zeigte Kavanaugh, der wochenlang Trockenübungen für diesen Auftritt gemacht hat, ein Pokerface. Er weiß – und die republikanischen Mitglieder im Ausschuss haben das am Dienstag wiederholt – dass es klüger ist, wenn er nicht auf Fragen nach seiner politischen Philosophie und nach seinen Meinungen zu umstrittenen kontroversen Themen wie Abtreibung antwortet.

Angesichts der republikanischen Mehrheit im Senat gibt es an seiner Bestätigung für das Oberste Gericht ohnehin kaum Zweifel.

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