Britischer Geheimdienst spähte G20 aus: Komm in unser Cybercafe!

Neue Enthüllungen von Edward Snowden: Der britische Geheimdienst soll 2009 Delegierte des G-20-Gipfels in London ausgespäht haben, berichtet der „Guardian“.

Ganz schön dreist: britischer Geheimdienst GCHQ Bild: reuters

LONDON ap | Britische Spione haben bei internationalen Konferenzen im Vereinigten Königreich ausländische Diplomaten ausgekundschaftet, indem sie sich ihre E-Mail-Passwörter beschafften und ihre Telefongespräche abhörten. Das ist die jüngste Enthüllung der britischen Zeitung The Guardian auf Grundlage des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden, der zuvor Praktiken des US-Geheimdienstes NSA enthüllt hatte. Sie erfolgte am Vorabend einer weiteren wichtigen Konferenz, bei dem die britische Regierung Gastgeber ist: Dem G-8-Gipfel in Nordirland.

Durchgeführt wurden die Abhöraktionen laut Guardian vom britischen Abhördienst vom Government Communications Headquarter“ (GCHQ) zum Beispiel beim G-20-Gipfel 2009 in London. Snowden habe mehr als ein halbes Dutzend interne Dokumente geliefert, die GCHQ-Operationen wie beispielsweise das Hacken in das Computernetzwerk des südafrikanischen Außenministeriums belegten. Auch die türkische Delegation sei Ziel von GCHQ-Aktionen gewesen. Es sei sogar ein „verwanztes“ Internet-Café eingerichtet worden.

„Die diplomatischen Auswirkungen hiervon könnten beträchtlich sein“, sagte der britische Wissenschaftler Richard Aldrich, der ein Buch über die Geschichte des GHCQ geschrieben hat. Das GCHQ äußerte sich zunächst nicht zu dem Guardian-Bericht.

Snowden, der für die NSA gearbeitet hatte, überließ dem Guardian Material, das die Zeitung als „Powerpoint-Präsentation“, „Besprechungsunterlagen“ oder einfach als „Dokumente“ bezeichnete. Ein Teil des Materials wurde auf der Webseite des Guardians veröffentlicht, allerdings mit erheblichen Schwärzungen. Ein Sprecher der Zeitung sagte, das sei auf eigene redaktionelle Initiative erfolgt. Weiter erklären wollte er das nicht.

Warum Snowden Zugang zu geheimen britischen Geheimdienstdokumenten hatte, wurde nicht richtig klar. Allerdings erwähnt der Guardian in einem Artikel, dass das Material von einem streng geheimen internen Netzwerk stamme, das GHCQ und NSA benutzen. Aldrich sagte, er wäre nicht überrascht, wenn das Material von einem gemeinsamen Netzwerk kommen sollte, zu dem Snowden Zugang gehabt habe. Beide Geheimdienstbehörden arbeiteten so eng zusammen, dass sie in manchen Bereichen praktisch als Einheit aufträten.

Ein bisschen Mission Impossible

In einem Dokument schien sich das GCHQ mit dem Anzapfen von Smartphones von Diplomaten zu brüsten. So zitiert der Guardian ein Dokument, in dem es heißt: „Fähigkeiten gegen BlackBerry haben Vorab-Kopien von G-20-Briefings an Minister besorgt“. Die „diplomatischen Ziele aus allen Nationen“ hätten ein „MO“ - eine Angewohnheit -, Smartphones zu benutzen, hieß es weiter. Dies sei von Spionen bei den G-20-Treffen ausgenutzt worden.

Zum präparierten Internet-Café hieß es, auf diese Weise hätten sich die Spione über Tastatureingaben Informationen beschafft, wie sich Diplomaten in ihren Systemen anmeldeten. „Das bedeutet, das wir nachhaltige Geheimdienstoptionen gegen sie haben, selbst wenn die Konferenz vorbei ist“, zitiert der Guardian ein Dokument. Aldrich kommentierte, das sei besonders raffiniert. „Das ist ein bisschen 'Mission Impossible'“ , sagte er in Anspielung auf einen Spionage-Thriller.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.