Bundesregierung über die Türkei: Förderer bewaffneter Islamisten

Die Türkei gilt als wichtiger Partner Deutschlands. Intern geht man in Berlin anscheinend davon aus, dass Ankara mit islamistischem Terror verbunden ist.

Hamasfunktionär Ismael Haniyeh und Präsident Erdogan (Archivbild)

Zumindest die türkische Verbindung zur Hamas ist keine Neuigkeit. Im Bild: Gaza-Premier Haniyeh und Erdogan Foto: ap

BERLIN afp | Die Bundesregierung betrachtet die Türkei und ihren Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach einem Bericht des ARD-Hauptstadtstudios als aktive Unterstützer bewaffneter Islamisten. Die ARD berief sich am Dienstag auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion, die dem Sender demnach vorliegt. Hingewiesen werde darin auf türkische „Unterstützungshandlungen“ für bewaffnete Islamisten in Syrien, ägyptische Muslimbrüder und die palästinensische Organisation Hamas.

„Als Resultat der vor allem seit dem Jahr 2011 schrittweise islamisierten Innen- und Außenpolitik Ankaras hat sich die Türkei zur zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen der Region des Nahen und Mittleren Ostens entwickelt“, zitierte das ARD-Hauptstadtstudio Antwort der Regierung. Diese sei als vertraulich eingestuft.

Eine offene Beantwortung könne „aus Gründen des Staatswohls“ nicht erfolgen, schrieb dem Sender zufolge der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder (CDU). Zumindest die Hamas ist in der EU als Terrororganisation eingestuft. Insofern lässt sich aus der Antwort laut ARD auch der Vorwurf der Unterstützung des Terrorismus an Erdogan und die türkische Regierung sowie die sie tragende Partei AKP ablesen.

In der Zeitung Die Welt hieß es zudem unter Berufung auf Auszüge des Regierungstextes, dieser enthalte auch brisante Informationen zu Verbindungen umstrittener muslimischer Organisationen in Deutschland mit Türkeibezug. Genannt werden die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs sowie die Erdogan-nahe Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD).

Auswärtiges Amt nicht beteiligt

Die Antwort geht den Berichten zufolge auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen zurück. Die Bewertung beruhe auf Einschätzungen des Bundesnachrichtendienstes (BND). Eine Stellungnahme des Bundesinnenministeriums oder des für den BND zuständigen Kanzleramts lag zunächst nicht vor. Offiziell hielt sich die Bundesregierung bislang mit kritischen Äußerungen zur Türkei zurück.

Nicht an der Antwort beteiligt war laut ARD das Auswärtige Amt – trotz dessen maßgeblicher Zuständigkeit für die Beziehungen zur Türkei. Das Hauptstadtstudio zitierte den SPD-Außenpolitiker Ralf Mützenich dazu mit den Worten: „Bei einer so sensiblen und weitreichenden Einschätzung hätte das Auswärtige Amt einbezogen werden müssen.“

Die Linksfraktion sieht sich durch die Antwort der Bundesregierung in ihrer Kritik an deren Türkeipolitik bestätigt. „Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung Erdogan weiter wie ein rohes Ei behandelt, obwohl seine Türkei die zentrale Aktionsplattform des Islamismus und islamistischer Terrorgruppen sein soll“, sagte Dagdelen der ARD. Sie warf der Regierung vor, die Öffentlichkeit zu täuschen, indem sie nach außen ein positives Bild von der türkischen Regierung zeige, das mit ihren vertraulichen Erkenntnissen nicht vereinbar sei.

Der FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff warf Dagdelen in der Welt vor, „hochsensible Dokumente der Bundesregierung“ verbreitet zu haben. Lambsdorff warf Dagdelen in diesem Zusammenhang eine Nähe zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor. Allerdings wies auch Lambsdorff darauf hin, dass gemeinsame Wurzeln der AKP und der Hamas sowie der ägyptischen Muslimbrüder bekannt seien.

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