CO2-Grenzwerte für Neuwagen: Spielraum für Klimasünder

Bei den CO2-Grenzwerten für Neuwagen kommt das Europaparlament den deutschen Autoherstellern entgegen. Die Lobby ist trotzdem unzufrieden.

Klar, wo hier das Problem ist, oder? Bild: ap

BRÜSSEL taz | Neuwagen in Europa sollen weniger klimaschädlich werden – allerdings erst ab 2025. Und Brüssel soll den deutschen Herstellern von Gelände- und Luxuskarossen dabei noch weiter als bisher entgegenkommen. Das fordert das Europaparlament, das am Mittwoch seine Verhandlungsposition zu den umstrittenen CO2-Grenzwerten für Neuwagen festlegte.

Derzeit gilt eine Verordnung aus dem Jahr 2008, nach der der Ausstoß des Treibhausgases CO2 ab 2015 auf 130 Gramm sinken soll. Der Entwurf der EU-Kommission sieht vor, ihn bis 2020 auf 95 Gramm zu reduzieren.

Die Position des Europaparlaments zu diesem Kommissionsvorschlag läuft nun auf eine Schonfrist für Klimasünder hinaus – und er trägt die Handschrift der CDU. Man werde bei den Verhandlungen fordern, die Emissionen von Neuwagen ab 2025 auf 68 bis 78 Gramm CO2 je Kilometer zu senken, sagte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese.

Das klingt radikal, zumal die EU-Kommission für diese ferne Zukunft noch gar keinen Grenzwert nennt. Dort hatte sich der deutsche Energiekommissar Günther Oettinger gegen eine weitere Festlegung ausgesprochen. Begründung: Die Technik sei noch gar nicht reif.

Weniger geht auch

Tatsächlich stimmt weder das eine noch das andere. Schon jetzt kommen umweltfreundliche Prototypen des VW Touran mit nur 65 Gramm CO2-Ausstoß aus. Der von den Abgeordneten geforderte Grenzwert von 68 Gramm ist also alles andere als Zukunftsmusik – zumal er nicht einmal wörtlich zu nehmen ist. Denn das Parlament öffnet den Premiumherstellern eine Hintertür: Autos, die heute schon weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, sollen bei der Berechnung des Flottendurchschnitts mehrfach angerechnet werden können.

Diese sogenannten Supercredits für batteriebetriebene und Hybridautos sollen bis 2015 gelten und mit einem Faktor von 2,5 gewichtet werden. Entsprechend weniger fallen großräumige Spritfresser und CO2-Schleudern ins Gewicht. Das kommt vor allem den deutschen Autobauern weit entgegen. Gesorgt dafür hatte der für das Thema zuständige Berichterstatter Thomas Ulmer, ebenfalls ein CDU-Politiker.

Umwelt- und Verbraucherschützer sind verärgert. In einem Brief an die deutschen Mitglieder des Umweltausschusses nennt der Verbraucherzentrale Bundesverband den Plan „kontraproduktiv“. Die Supercredits hebelten das 95-Gramm-Ziel aus, warnte Vorstand Gerd Billen.

Ähnlich die Kritik der Grünen: Schon der Entwurf der EU-Kommission sei von der Autolobby verwässert worden, kritisierte Grünen-Chefin Rebecca Harms. Nun komme man den Herstellern schwerer Schlitten noch weiter entgegen. Dies sei ein „erneuter Lobbyerfolg der deutschen Spritschluckerproduzenten“.

Den Autobauern geht der Vorschlag hingegen immer noch zu weit. Alle Ziele für nach 2020 müssten wissenschaftlich begründet und überprüft sein, erklärte der europäische Autoverband ACEA. „Das dürfen nicht rein politische Zahlen sein“, so Generalsekretär Ivan Hodac. Auch die Bundesregierung will die Ziele wieder abschwächen.

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