Chaos bei Olympia-Planungen: Mit Sicherheit noch nichts passiert

Bis zum Olympia-Referendum sollten Details auch zum Sicherheitskonzept stehen: Dass die Innenbehörde die dafür nötige Projektgruppe gründen soll, weiß sie aber nicht.

Militärisches Einsatzgebiet: Das Londoner Olympiastadion während der Olympischen Spiele 2012 Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Zeit drängt. Noch gut drei Monate hat der Senat Zeit, um den HamburgerInnen Details der Olympiabewerbung vorzulegen, über die sie am 29. November in einem Referendum entscheiden. Bis dahin, so sicherte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes Alfons Hörmann den BürgerInnen schon im Frühjahr zu, würden sie die „größtmögliche Klarheit“ über die Folgen von Sommerspielen an der Elbe 2024 haben. Die HamburgerInnen müssten „nicht blind abstimmen“, versprach Hörmann.

Und auch Sportsenator Michael Neumann und Bürgermeister Olaf Scholz (beide SPD) wurden nicht müde anzukündigen, dass die wichtigsten Rahmendaten der Olympiaplanungen bis November vorliegen. Die Referendums-TeilnehmerInnen wüssten dann, was mit der Olympiade auf die Stadt zukommt. Eine der drängenden Fragen: Wie kann Hamburg für Sicherheit bei Olympia sorgen, ohne Bürgerrechte auszuhebeln?

Dazu soll, so geht es aus dem zentralen senatsinternen Auflistung der „Arbeitsstrukturen für die Bewerbung“ eindeutig hervor, unter Federführung der Innenbehörde eine „Projektgruppe 4: Sicherheit“ schnellstmöglich gemeinsam mit dem Bund ein Sicherheitskonzept für die Durchführung der Spiele ausarbeiten.

Doch die Projektgruppe hat es noch nicht einmal geschafft, sich zu konstituieren. Und das liegt offensichtlich daran, dass die federführende Innenbehörde noch nicht einmal weiß, dass sie damit beauftragt ist, das Planungsteam zu initiieren. Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde, betont nach Rücksprache mit dem für die Olympia-Sicherheit zuständigen Innenstaatsrat Bernd Krösser (SPD): „Dass es eine solche Projektgruppe geben soll, ist der Behörde nicht bekannt.“

Stattdessen, so Reschreiter, würden unter Leitung des zuständigen Koordinators, Gerhard Ruschmeyer, „alle für die Sicherheit relevanten Fragen „auf Arbeitsebene zügig abgearbeitet“. Die Ergebnisse seien aber noch „nicht spruchreif“, von einem Sicherheitskonzept sei die Behörde noch „ein Stück entfernt“.

Dabei ist die Sicherheitsfrage die vielleicht größte Achillesverse der Olympiabefürworter. Ihnen gelten die Spiele in London als Vorbild. Doch die Sportveranstaltung mutierte 2012 in der Insel-Metropole zur größten Operation der britischen Sicherheitskräfte in Friedenszeiten: Rund 17.000 eingesetzte Soldaten verwandelten die britische Hauptstadt in eine Hochsicherheitszone. Auf Wohnhaus-Dächern wurden Boden-Luft-Raketen und in der Themse Kriegsschiffe stationiert, um Terrorakte aus der Luft zu verhindern. Die Polizei überwachte die sozialen Netzwerke genau auf kleinste Hinweise auf irgendwelche Proteste, 500 Verfassungsschützer lauschten in Bars und auf Londons Plätzen nach Verdächtigem, ganze Stadtteile wurden komplett videogescannt. Die Kosten des Sicherheitspakets: Mehr als 1,1 Milliarden Euro.

„Kommt Olympia nach Hamburg, wird die Stadt einer Festung gleichen: Polizeisperren, schwerbewaffnete Uniformierte überall, verstärkte Kameraüberwachung und der Einsatz des Militärs sind nur einige Aspekte dessen, wie der öffentliche Raum für die Spiele reguliert wird“, glaubt die Initiative NOlympia deshalb. Auch der Nachwuchs des kleineren Koalitionspartners, die „Grüne Jugend“, lehnt Olympia in Hamburg ab, weil sich die Stadt in eine „Hochsicherheitszone“ verwandeln dürfte. Die Parteijugend prognostiziert „Militärschiffe auf der Elbe, private Firmen, die den öffentlichen Raum mit Kameras überwachen und ein hermetisch abgeriegeltes olympisches Dorf.“

All diese Befürchtungen sollte die „Projektgruppe Sicherheit“ bis zum Referendum zerstreuen – mit einem alternativen Sicherheitskonzept ohne Bundeswehreinsatz und totale Bürgerausforschung. Doch dazu müsste sie erst einmal existieren.

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