Chinas Nationaler Volkskongress tagt: Wirtschaft runter, Militäretat rauf

Chinas Premier rechnet für 2019 mit dem niedrigsten Wirtschaftswachstum seit Jahrzehnten. Er will mit höheren Militärausgaben gegensteuern.

Kapellmeister mit weißen Handschuhen unter rotem Stern

Kapellmeister des Militärs bei der Probe zur Eröffnung des jährlichen Plenums des Nationalen Volkskongresses in der Großen Halle des Volkes. Foto: dpa

PEKING taz | Je schlechter es Chinas Wirtschaft geht, desto mehr scheint die kommunistische Führung auf ihr Militär zu setzen. So lässt sich das Regierungsprogramm des chinesischen Premierministers Li Keqiang zusammenfassen, das er zum Auftakt der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses den rund 3.000 Delegierten am Dienstagmorgen vorgestellt hat.

Chinas Wirtschaft wird in diesem Jahr den Prognosen des Premiers zufolge mit 6,0 bis 6,5 Prozent so langsam wachsen wie seit fast drei Jahrzehnten nicht. Das Militärbudget hingegen will die Führung um 7,5 Prozent anheben.

Im vergangenen Jahr wuchs die Wirtschaft noch um 6,6 Prozent, der Verteidigungshaushalt wurde gar um 8,1 Prozent angehoben. „Der Abwärtsdruck auf die chinesische Wirtschaft nimmt weiter zu“, musste Li in seinem fast Rechenschaftsbericht zugeben. Das Wachstum im Konsum lasse nach, den Investitionen fehle der Schwung. Er kündigte unter anderem Steuererleichterungen an.

Den hohen Militäretat verteidigte er mit dem Argument, dass auch China von den wachsenden Unsicherheiten auf der Welt betroffen sei. Die „Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen“ des Landes müssten geschützt werden, betonte Li. Dafür müsse China seine Streitkräfte weiter stärken und das „Training unter Kampfbedingungen“ verbessern.

Unkonkrete Bedrohungen

Auf die angeblichen Bedrohungen ging er in seiner fast zweistündigen Rede nicht ein. Vor dem Hintergrund der Spannungen im Süd- und Ostchinesischen Meer wird der Ausbau des chinesischen Militärs insbesondere von den Anrainerstaaten mit großer Sorge betrachtet.

China betrachtet beide Gewässer, durch die inzwischen die meistgenutzten Handelswege der Welt führen, als ihr Territorium. Mit dem Bau von Militärstützpunkten auf künstlich aufgeschütteten Inseln versucht sie die Anrainerstaaten vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Dieses Vorgehen ist auch den USA ein Dorn im Auge, die ihrerseits in der Region aufrüsten. Erst vergangene Woche versicherte US-Außenminister Mike Pompeo den Philippinen die Unterstützung der USA, sollte Manila im Südchinesischen Meer mit Peking in Konflikt geraten.

Drohungen an Taiwan

Beim Thema Taiwan wurde Premier Li dann doch konkret. Unverhohlen bekräftigte er das Ziel der Führung, Taiwan wieder einzuverleiben. Die vorgelagerte Insel mit ihren 20 Millionen Einwohnern, die sich offiziell Republik China nennt, erkennen die meisten Ländern formal zwar nicht mehr als unabhängigen Staat an. Sie wird aber de facto seit 70 Jahren unabhängig regiert – und anders als die Volksrepublik seit rund drei Jahrzehnten demokratisch. China werde entschieden gegen „separatistische“ Aktivitäten vorgehen, die nach Unabhängigkeit strebten“, wetterte Li.

China verfügt mit geschätzten 250 Milliarden US-Dollar über den zweithöchsten Verteidigungshaushalt der Welt. Die USA geben zwar mehr als doppelt so viel aus. Doch die chinesische Volksbefreiungsarmee ist bei weitem nicht an so vielen Auslandseinsätzen beteiligt wie das US-Militär.

Auch werden viele Militärausgaben in China in anderen Haushaltsposten versteckt. Der tatsächliche Verteidigungsetat dürfte daher doppelt so hoch sein. Manche Experten gehen gar von dreifach so vielen Ausgaben für Chinas Militär aus.

Offiziell ist der Nationale Volkskongress ein Parlament und Chinas höchstes politisches Gremium. Doch die fast 3.000 Delegierten, die einmal im Jahr für diese zweiwöchige Plenarsitzung zusammen kommen, haben nicht wirklich etwas zu sagen.

Sie nicken bloß ab, was ihnen die kommunistische Führung vorgibt. Diese nutzt die zwei Plenarwochen, um der Bevölkerung die Eckpunkte ihrer Politik darzulegen.

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