Chinas Staatspräsident in Rom: Auf Seidenstraßen-Mission in Italien

Xi Jinping reist nach Rom, um eine Absichtserklärung zur „Belt and Road Initiative“ zu unterzeichnen. Das Megaprojekt ist hoch umstritten.

Blick auf das Forum Romanum in Rom

So schön: Chinas Staatspräsident Xi Jinping schwärmt von Rom Foto: imago/Westend61

ROM taz | Wenn Chinas Staatspräsident Xi Jinping an Italien denkt, gerät er einfach ins Schwärmen. Schon zwei Mal, 2011 und 2016, sei er dort gewesen, berichtet er in einem am Mittwoch vom Corriere della Sera veröffentlichten Brief. „Der Lebensstil und das italienische Industriemodell, das antike und moderne Elemente, Klassik und Innovation integriert, haben mich sehr beeindruckt“, lässt er wissen. Und er fühle sich einfach wohl beim Gedanken, jetzt wiederzukommen.

Aber natürlich kommt Xi, der am Donnerstag in Rom eintrifft, nicht als Tourist. Der Präsident reist an für die Unterzeichnung eines „Memorandum of Understanding“ durch die italienische und die chinesische Regierung über Chinas Megaprojekt Belt and Road Initiative. Auch Neue Seidenstraße genannt, soll es von China über Asien bis Europa ein Netz neuer Infrastrukturen von Straßen, Eisenbahnstrecken und Häfen spannen.

Ähnliche Vereinbarungen hat China bisher schon mit zahlreichen Staaten Osteuropas unterzeichnet – dennoch stellt Italiens Beteiligung ein echtes Novum dar. Denn zum ersten Mal käme da ein G7-Staat ins Boot, einer der EU-Gründungsstaaten zudem, die drittgrößte Volkswirtschaft und zweitgrößte Industrienation der Union.

Entsprechend groß war die Irritation, die Furcht sowohl in Washington als auch in Brüssel vor einem trojanischen Pferd gleichsam im Herzen der EU und des westlichen Bündnisses. So drohten die USA schon Folgen für die Geheimdienstkooperation mit Italien an, und auch die Lieferung „sensiblen Materials“ über die Häfen Triest und Genua – an denen die Chinesen interessiert sind – stehe infrage. Das jedenfalls erklärte letzte Woche Garrett Marquis, Sprecher von John Bolton, dem Sicherheitsberater von Präsident Trump, dem Corriere della Sera.

„Kein heiliger Text“

In der Tat hat es das Memorandum in sich. Es sieht nicht bloß „politischen Dialog“ vor, sondern auch eine enge Zusammenarbeit auf den Feldern Verkehr, Logistik und Infrastruktur, Beseitigung aller Handels- und Investitionshemmnisse, Kooperation der Finanzinstitutionen.

Dennoch wiegelte Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte immer wieder ab, zuletzt in einer Rede am Dienstag vor dem Abgeordnetenhaus in Rom. Bloß eine Absichtserklärung sei das Memorandum, kein die beiden Seiten bindender Staatsvertrag, ließ er wissen. Zudem handle Italien unter Respektierung „aller europäischen Standards und Regeln“. Und die Zugehörigkeit zum atlantischen Bündnis stehe erst recht nicht infrage.

Doch vor allem die Breitseiten aus Washington haben bei der Regierungskoalition Wirkung gezeigt. Matteo Salvini, Chef der rechten Lega und Vizepremier, äußerte, das Memorandum sei „kein heiliger Text“, und drängte, wie es scheint mit Erfolg, auf weitere Entschärfung. Luigi Di Maio, Anführer der Fünf Sterne und ebenfalls Vizepremier, setzte dagegen darauf, um jeden Preis zu verhindern, dass das Memorandum auf der Zielgeraden noch platzen könnte.

Italiens Regierung versucht nun alle Befürchtungen zu zerstreuen, es könne zu einem Ausverkauf des Landes an die Chinesen kommen. Während Italien Güter im Wert von 28,5 Milliarden Euro aus China importiere, liege es im Export nur bei 13,5 Milliarden Euro. Intensivere Beziehungen zu China dienten vor allem dazu, Italiens Firmen einen besseren Marktzugang zu verschaffen, heißt es.

Zugleich unterstreicht die Regierung, dass sie sowohl bei den Häfen Genua und Triest als auch bei neuen Telekommunikations-Infrastrukturen keineswegs das Heft aus der Hand geben, sondern sich mit einem jetzt aufgelegten Gesetzesdekret die „Golden Power“, sprich: ein Vetorecht, sichern werde. Conte und sein Vize Di Maio werden am Samstag das Memorandum unterzeichnen.

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