Computerspiel-Sport in Deutschland: Meister der E-Herzen

Schalke 04 investiert in Millionenhöhe für eine neue eSport-Mannschaft. Auf diesem Weg sollen neue Zielgruppen erschlossen werden.

Zwei riesige Bildschirme über einer Zuschauermenge

Eine Zuschauersportart: Mit der League of Legendes (LoL) gastierte im Oktober 2015 ein eSport-Event in der Berliner Arena am Ostbahnhof Foto: Imago / Camera 4

Als der FC Schalke 04 jüngst fünf neue Spieler vorstellte, war irgendwie etwas anders. Die Neuverpflichtungen wirkten erstaunlich schüchtern. Dabei waren sie dem Verein eine hübsche Ablösesumme wert, beziehen künftig ein ordentliches Gehalt und hatten gleich einen eigenen Trainer und Manager im Schlepptau. Die so zurückhaltenden Schalker Zugänge sind aber eben keine Fußballer, sondern eSportler.

eSport, das ist Computerspielen unter straffen Wettbewerbsbedingungen, mit Ligen, Preisgeldern, Übertragungen und allem Drum und Dran. Virtueller Sport eben. Es gibt verschiedene Spiele, in denen sich Millionen von Gamern messen. Einige Zehntausend von ihnen können davon leben und das zum Teil auch sehr gut. eSport ist bei weitem kein neues Phänomen, hat in den vergangenen Jahren aber einen gigantischen Schub erfahren.

Das Marktforschungsunternehmen Newzoo zählt 215 Millionen eSport-Fans, die im Jahr 252 Millionen Dollar umsetzten, bei einem jährlichen Wachstum von etwa 30 Prozent. Interessant dabei: 40 Prozent der eSport-Fans spielen das Computerspiel nicht selbst. eSport ist also, ähnlich wie der Fußball, ein Zuschauersport.

Schalke ist nun nicht der erste Fußballverein, der diesen neuen Wachstumsmarkt für sich entdeckt hat. Der VfL Wolfsburg hat zum Beispiel bereits zwei Fifa-Spieler unter Vertrag. Neu ist allerdings die Vehemenz, mit der Schalke in den eSport drängt. Dem ersten neuen Team soll eine Nachwuchsmannschaft folgen, die dann im Jugendinternat „Knappenschmiede“ an die Weltspitze herangeführt werden soll. Mit der Unterstützung und dem sportwissenschaftlichen Know-how des Vereins. Dazu will der Verein eSport-Events in seine Arena holen. Das volle Programm.

Eine Wachstumsbranche

Als Erstes hat sich Schalke 04 ein „League of Legends“-Team geangelt. LoL, so die Kurzform des Strategiespiels, wird weltweit von rund 67 Millionen Menschen gespielt. Und damit das Interesse hoch bleibt, veranstaltet Entwickler Riot Games eine Art LoL-Champions League.

Nach geografischen Regionen sortiert, wird in der League of Legends Championship Series (kurz: LCS) das Jahr über um Preisgelder in Millionenhöhe gestritten. Ein europäisches LCS-Team mit dem Namen „Elements“ hat seit Donnerstag einen neuen Arbeitgeber – Schalke 04.

Über Onlineplattformen können Fans live verfolgen, wie ihre Gaming-Idole gerade spielen. So werden Zocker zu Stars

Auf „etwa eine Million“, schätzt Thiemo Bräutigam die Ablösesumme, auch wenn diese schwer zu schätzen sei. Bräutigam ist Insider und Chefredakteur des Szene-Webseite eSportsObserver.com, die den Schalke-Deal als Erstes publik machte. Zu der Ablöse kommen die Gehälter der Spieler, des Trainers und eines Managers. Das Team wohnt und trainiert zusammen in einem Haus in Berlin und reist auf Turniere in aller Welt. Schalke, ist sich Bräutigam sicher, war erst der Anfang. Weitere Vereine, schätzt er, werden folgen, andere sich die Entwicklung genau anschauen.

Interessant auch für Sponsoren

„Wir suchen immer Wachstumsmärkte, um den Verein und den Konzern des FC Schalke 04 weiterzuentwickeln“, erklärt Moritz Beckers-Schwarz, Vorsitzender der Geschäftsführung des Arena Managements bei S04 die Gründe für dem Einstieg. Er fügt hinzu: „eSport ist ein weltweites Phänomen.“

Für den Klub geht es, wenig überraschend, ums Geschäft. Internationalisierung ist in der Bundesliga schon lange ein Thema, hinken die Bekanntheit und damit die Erlöse der deutschen Teams denen der Konkurrenz aus England oder Spanien doch deutlich hinterher.

Das Engagement ergibt also durchaus Sinn: Schalke erschließt sich eine neue, internationale Zielgruppe. Dazu hat der Verein Know-how in Bereichen, in denen der eSport noch unerfahren ist: Sei es das Merchandising-Geschäft oder die Entwicklung (bisweilen auch Überhöhung) des Sportlers zur Marke. Auf der anderen Seite bietet der eSport neben neuen Zuschauern auch neue Sponsoren und das Thema Streaming. Über Onlineplattformen können Fans live verfolgen, wie ihre Gaming-Idole gerade zocken. So werden Zocker zu Stars.

Diese Zielgruppe ist über lineare Medien oder den Fernseher kaum noch für Werbende zu erreichen. Ihr Leben findet fast vollständig in der digitalen Welt statt. Beckers-Schwarz erklärt: „Wir bekommen mit, dass sich unsere jüngeren Fans sehr stark mit League of Legends identifizieren.“

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