Das Comeback der „El Público“: Die Zeitung der „Empörten“

Die linke spanische Tageszeitung „El Público“ musste im Februar aufgeben. Jetzt arbeiten die Redakteure an einer Rückkehr – mit Hilfe eines Genossenschaftsmodells.

Da soll die „El Público“ hin: An den Kiosk. Bild: Reiner Wandler

MADRID taz | Spanien soll eine neue Zeitung bekommen. Oder, besser gesagt, eine alte Bekannte will zurück an den Kiosk: El Público, im Herbst 2007 gegründete und bereits im Februar 2012 wieder eingestellte Tageszeitung, hat angekündigt, nach der Sommerpause mit neuem Geschäftsmodell wieder zu erscheinen: 30 der ehemals 160 Angestellten haben eine Genossenschaft gegründet – und sich die taz zum Vorbild genommen.

„Wir werden doppelgleisig fahren“, erklärt Susana Hidalgo, Redakteurin der ersten Stunde und bis zum Schluss Nachrichtenchefin bei El Público. Über die Tagesaktualität werde man auf der Internetseite berichten, „Hintergründiges und Reportagen gibt es auf Papier. Wir streben eine Wochenzeitung an, auch wenn wir am Anfang vielleicht nur monatlich oder 14-täglich erscheinen werden.“

El Público war, solange sie täglich am Kiosk auslag, die Tageszeitung der spanischen Linken. „Vor allem dank der jungen Belegschaft, die Lust hatte auf andere Berichterstattung“, ist sich Hidalgo sicher.

Eigentlich war dies so gar nicht vorgesehen. Denn El Público war, da sind sich in Spanien alle einig, die Zeitung der Regierung des Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero. „Viele sagten uns, wir würden nur so lange bestehen, bis Zapatero die Wahlen verliert. Wir wollten das nicht glauben und der Besitzer stritt das natürlich ab“, erklärt Hidalgo.

Zapatero weg – Zeitung tot

Heute weiß sie es besser. Zapatero verlor im November 2011, kurz danach kam das Aus für die Zeitung. Der Deal hat wohl so ausgesehen: Die Eigentümer von El Público lebten von Fernsehproduktionen und dem Verkauf von Fernsehrechten. Sie erhielten gute Verträge mit dem staatlichen Fernsehen und den Zuschlag bei Fußballübertragungen sowie mehrere TV-Lizenzen. Im Gegenzug entstand El Público als Gegengewicht zu der übermächtigen Tageszeitung El País und ihrer Verlagsgesellschaft Prisa, die Zapatero – trotz ihrer sozialdemokratischen Orientierung – immer wieder hart kritisierte.

Die Rechnung ging auf. Während El País an Auflage verlor, verkaufte sich El Público immer besser. Abgesehen vom schonenden Umgang mit Zapatero stand El Público für etwas völlig Neues. „Wir griffen vor allem soziale Themen auf“, sagt Hidalgo und meint damit Themen von unten, egal ob in Politik, Gesellschaft oder Wirtschaft.

In Zeiten der wachsenden Empörung über die Krisenpolitik Europas traf das Blatt damit die Erwartungen vieler Leser. Der 12. Mai, der Tag, an dem die erste Nullnummer der neuen Ära erschien, war mit Bedacht gewählt: Ein Jahr nach den ersten Großdemonstrationen meldeten sich an diesem Tag die „Empörten“ erneut zu Wort.

Nullnummer mit 16.000 Exemplaren

16.000 Exemplare wurden in Madrid, Barcelona, Sevilla und Valencia verteilt. „Der Erfolg war riesig. Alle freuten sich, uns wieder zu sehen“, berichtet Hidalgo. Eine doppelseitige Reportage sollte die Leser der ersten Ausgabe davon überzeugen, dass das Projekt Genossenschaft durchaus Erfolg haben kann. „Die Zeitung der 11.800 Eigentümer“, war die Reportage in Anbetracht der taz-GenossInnenzahl übertitelt.

Die Gruppe der ehemaligen RedakteurInnen arbeitet an dem, was sie „Plan A und Plan B“ nennen. Plan A geht davon aus, dass die Genossenschaft bei der Versteigerung der Konkursmasse den Zuschlag für den Namen „El Público“ sowie für den immer noch funktionierenden Internetauftritt erhält. „Falls dies nicht klappt, haben wir eine Reihe neuer Namen registriert“, sagt Politikredakteur Daniel Ayllón.

Die Redakteure Ayllón und Hidalgo sind zuversichtlich: „Es ist ein günstiger Moment, in Spanien ein Massenblatt zu gründen, das fair mit seinen Mitarbeitern umgeht und eine andere, neue Beziehung zu den Lesern hat.“

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