Das Krisenglossar Teil 6: Schattenbanken

Schattenbanken sind Unternehmen, die Finanzgeschäfte machen, aber keine Banken sind - und deshalb schwer zu regulieren. Die taz stellt die wichtigsten Vokabeln der Finanzkrise vor.

Gefährden die Stabilität der Finanzmärkte: Hedgefonds. Bild: imago/Steinach

Mit der Regulierung der Finanzmärkte ist es ähnlich wie mit dem Rauchverbot in Kneipen. Wer immer noch rauchen will, der geht vor die Tür und wer immer noch verbotene Spekulationsgeschäfte abschließen will, der geht zu einer Schattenbank.

Schattenbanken sind Unternehmen, die Finanzgeschäfte betreiben, die normalerweise für Banken typisch sind. Zum Beispiel können sie kurzfristig Kredite aufnehmen und dafür langfristig Darlehen vergeben. Doch Schattenbanken zählen nicht zu den Banken und unterliegen deshalb auch nicht der Bankenaufsicht. Man bezeichnet sie daher auch treffend als Nichtbanken.

Das bekannteste Beispiel für Schattenbankgeschäfte sind Hedgefonds, die hohe Renditen bei einem entsprechenden Risiko einbringen können. Grobe Schätzungen gehen davon aus, dass Schattenbanken inzwischen etwa 25 bis 30 Prozent des globalen Finanzsystems ausmachen. Zwischen 2002 und 2010 soll das Schattenbank-Volumen von 25 Billionen US-Dollar auf 60 Billionen US-Dollar gestiegen sein. Allein in den USA wird mit 16.000 Milliarden ein größeres Kreditvolumen bewegt als von herkömmlichen Banken (13.000 Milliarden Dollar).

Der Schattenbanksektor stellt ein enormes Risiko für die Stabilität der Finanzmärkte dar. Die sogenannten systemrelevanten Institute sind oftmals eng mit Schattenbanken verstrickt. Wie genau und in welchem Umfang lässt sich aber nur schwer sagen. Deutschlands oberster Bankenaufseher, der Präsident der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Jochen Sanio, warnte im Juni: "Als Regulierer macht es mir am meisten Sorgen, dass es in manchen Bereichen dunkle Flecken gibt, von denen keiner weiß, was dort passiert."

Auch für die Regulierung der tatsächlichen Banken ist der Schattenbanksektor ein Hindernis. Wollen sich Banken nicht regulieren lassen, können sie ihre Geschäfte auf den Schattenbanksektor verlagern. Deshalb warnte Angela Merkel: "Nötig ist eine Selbstregulierung, um ein Ausweichen auf neue, unregulierte Produkte zu verhindern."

Für die regulären Kreditinstitute bietet der Bereich der Schattenbanken etwa die Möglichkeit, die gesetzlichen Bestimmungen für Eigenkapital zu umgehen. Banken müssen eine gewisse Geldsumme halten, um sich gegen Kreditausfälle wappnen zu können. Dieses Eigenkapital orientiert sich deshalb auch an den Kreditrisiken, die eine Bank in ihren Büchern stehen hat.

Banken möchten ihr Geld aber nicht halten, sondern es lieber investieren. Das treibt sie dazu, ihre Kreditrisiken - natürlich nicht umsonst - an eine Schattenbank, etwa einen Hedgefond abzutreten. Die Bank muss daraufhin weniger Eigenkapital halten und die Risiken verschwinden im schwer durchschaubaren Sumpf des Schattenbanksektors.

Eine stärkere Kontrolle des Schattenbankensektors steht seit der Gründung der G20 auf der Tagesordnung der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer - bislang ohne dass durchgreifende Änderungen passiert wären. Auch bei ihrem jüngsten Gipfeltreffen in Cannes beschlossen die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten wieder, die Regulierung voranzubringen. Dafür haben sie insbesondere Lob von den Verbänden der Sparkassen und Genossenschaftsbanken erhalten.

So sagte Gerhard Hofmann, der Regulierungsexperte im Vorstand des Genossenschaftsbanken-Verbandes BVR: "Wir unterstützen das Vorhaben der G20, die Verschiebebahnhöfe aus den Bankbilanzen hinaus und in die wenig regulierten Fonds und Zweckgesellschaften hinein zu schließen, denn sie waren eine der Hauptursachen für den Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise".

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