Das taz „Öwi“-Ressort im Jahr 2017: Auch der Feldhamster ist wichtig

Vor 25 Jahren gründete die taz ihr einzigartiges Ressort Wirtschaft und Umwelt. Wie arbeitet diese Redaktion heute?

Der Feldhamster steht unter dem Schutz der EU-Habitatrichtlinie. Wie mit ihm umgegangen wird, auch dies ist selbstverständlich ein Thema der Öwis Bild: dpa

von KAI SCHÖNEBERG

Ganz am Anfang, genauer am 28. September 1992, hieß das neue Ressort intern noch „Ökopool“. Schon bald bürgerte es sich dann aber bei der taz ein, die Kollegen einfach „Öwis“ zu nennen. Logisch und tazzig stand und steht das für die Abkürzung von Ökologie und Wirtschaft.

Auf den werktäglich zwei Seiten „findet sich zusammen, was - wie der sterbende Baum und der qualmende Schlot - schon lange zusammengehört“. So schrieben es vor genau 25 Jahren auf Seite 2 der Zeitung in „taz-intern“ die damaligen Chefredakteure Elke Schmitter und Michael Sontheimer.

Am Ressortzuschnitt hat sich seitdem wenig verändert. An den Themen sehr wohl: Die Atomkraft war noch ein Kampfbegriff, eine echte demographische Trennlinie zwischen links und rechts.

Das wirklich Wichtige

Das Weltklima litt zwar bereits damals unter Erwärmung, aber der öffentliche Diskurs behandelte erst mal lieber Recycling, Ozonloch, das Kyoto-Protokoll, dann kam BSE. Ende der 90er Jahre wussten erst 15 Prozent der Deutschen, was „nachhaltige Entwicklung“ ist. Viele hielten die Öwis für Exoten.

Jahrgang 1968, leitet gemeinsam mit Beate Willms das Ressort Wirtschaft und Umwelt der taz.

Heute sind wir viel mittiger, fast schon gesellschaftlicher Mainstream. Und kümmern uns immer noch – mit frappierend wenig Personal und ultrawenig Geld – um das wirklich Wichtige: unsere Existenz.

Die Öwis berichten, analysieren und kommentieren über das Kobalt, das Kinder im Kongo abbauen, damit unsere Elektroautos fahren, über aussterbende Feldhamster, Kiebitze und Pandas, über den zivilen Ungehorsam gegen den Braunkohleabbau, TTIP oder die neue Flughafen-Piste.

Augeklärte Kunden

Wir schreiben über die Tücken der Energiewende, privatisierte Autobahnen, die die Steuerzahler Milliarden kosten, die Nitratbelastung auf den Äckern, die Dramen bei der Rettung des Euro, derzeit immer wieder über die Folgen von Dieselgate. Und über Zukünfte: Abgasfreie Städte, bedingungsloses Grundeinkommen, Telefonieren mit Datenschutz oder Essen ohne Tierqualen.

Weil aus vielen Protestierern und Pionieren von damals aufgeklärte Kunden von heute geworden sind, kümmern wir uns seit 2014 verstärkt um die nachhaltige Wirtschaft - mindestens ein Mal die Woche auf unserer Ökobiz-Seite.

Unsere Themen sind nach wie vor top-relevant. 1993 sahen 55 Prozent der befragten Jugendlichen in einer Umfrage die Welt „schwarz“: Sie hatten Angst vor Fabrikrauch, Müllbergen, Autoqualm, aussterbenden Tieren und der Versiegelung der Landschaft, vor Atomkrieg und AKW-Havarien. Viele der Sorgen von damals haben sich fatalerweise als begründet erwiesen.

Obwohl Deutschland angeblich Wohlfühl-Weltmeister und Öko-Vorreiter ist, fürchten sich kurz vor der Bundestagswahl 2017 immer noch sieben von zehn Einwohnern vor dem Klimawandel. Hauptsorge Nummer 1. Noch viel zu tun für die Öwis.