Das tödliche Virus: Das Sterben der Lämmer

In Niedersachsen grassiert das "Schmallenberg-Virus". Betroffen sind auch Schafe und Kühe in Schleswig-Holstein und Hamburg. Effektiven Schutz gibt es nicht.

Werden mit Fehlbildungen oder gar tot geboren: Lämmer, deren Mütter mit dem Virus infiziert sind. Bild: dpa

HAMBURG taz | In Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg werden in den letzten Monaten immer wieder tote Lämmer, Kälber und Zicklein geboren. Der Grund ist das "Schmallenberg-Virus" - eine Krankheit, die von Gnitzen und anderen Stechmücken übertragen wird. Bundesweit wurde das Virus in 561 Tierbeständen nachgewiesen, davon 81 in Niedersachsen, 75 in Schleswig-Holstein und fünf in Hamburg.

Von dem Virus betroffen sind bisher hauptsächlich Schafe, aber auch Rinder und Ziegen. Menschen können sich mit dem Virus nicht infizieren. Krankheitssymptome sind Fieber und bei Kühen eine nachlassende Milchproduktion. Diese Symptome gehen nach wenigen Tagen zurück. Dramatische Auswirkungen hat die Krankheit auf trächtige Tiere: Wenn sich ein Muttertier infiziert, gibt es das Virus an den Fötus weiter. Die Folge sind Totgeburten und Lämmer mit schweren Fehlbildungen, wie Wasserköpfe und Gelenksteife.

Die aktuellen Fallzahlen werden vom Friedrich-Löffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, in Greifswald gesammelt und veröffentlicht. Seit dem 1. Februar gibt es für das Virus eine inoffizielle Meldepflicht: Tierärzte, die ein krankes oder verstorbenes Tier untersuchen, müssen bei Verdacht das Veterinäramt informieren. Anfang März soll der Bundesrat die Meldepflicht förmlich beschließen.

"Die offiziellen Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs", vermutet Mathias Brockob vom Schafzuchtverband Niedersachsen. Untersucht würde nur bei Verdachtsfällen und auch dann maximal fünf Tiere eines Bestandes. Eine systematische Untersuchung der Tiere sei "vom Volumen her schwierig und derzeit nicht geplant", sagt ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums Schleswig-Holstein. Auch in Niedersachsen kann man sich das momentan nicht vorstellen.

Ob erkrankte Tiere langfristige Schäden davontragen, ist bisher unbekannt. "Das muss man weiter beobachten", so Elke Reinking vom Friedrich-Löffler-Institut. Der Verzehr von Fleisch und die Milch von infizierten Tieren sei aber ungefährlich.

Zurzeit arbeitet das Institut an der Entwicklung eines Impfstoffes. Wann der zur Verfügung steht, ist unklar - bei der Blauzungen-Krankheit dauerte es 18 Monate. Bei der nächsten Trächtigkeit im Herbst könnten sich also weitere Muttertiere infizieren. Bis ein Impfstoff zur Verfügung steht, rät das FLI die Tiere vor Mücken mit speziellen Mitteln zu schützen. "Die sind aber kein absoluter Schutz", sagt Mathias Brockob. Gerade gegen Gnitzen zeigten gängige Mittel kaum Wirkung, gibt das FLI zu.

Von der Politik erhofft sich Brockob finanzielle Unterstützung für die betroffenen Tierhalter. Die müssen momentan für den entstandenen Schaden selbst aufkommen. Der Bauernverband Schleswig-Holstein fordert, dass betroffene Bauern aus einem EU-Fonds unterstützt werden. "Die Bauern können ja nichts dafür, dass die Mücken da rumfliegen", so der Pressesprecher Klaus Dahmke.

Fälle des "Schmallenberg-Virus" wurden auch aus den Niederlanden, Belgien, Großbritannien und Frankreich gemeldet. In Deutschland sind außer Bremen alle Bundesländer betroffen. Schleswig-Holstein strebt nun eine europaweite Meldepflicht für infizierte Tiere an. Erst danach könne man über eine mögliche Entschädigung beraten.

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