Datenmissbrauch bei der Berliner Polizei: Datenleck noch nicht geschlossen

Im Fall der durch einen Polizisten versandten Drohbriefe an die linke Szene kritisiert die Datenschutzbeauftragte mangelnden Aufklärungswillen.

Ein vermummter SEK-Polizist steht nachts vor einem Hauseingang

Die Drohbriefe hatten vor allem Menschen aus dem Umfeld der linken Projekte in der Rigaer Straße im Visier Foto: dpa

BERLIN taz | Aus Anlass der nicht abreißenden Serie von Drohbriefen gegen die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız weist die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk darauf hin, dass es auch in Berlin einen Fall politisch motivierten Datenmissbrauchs durch Polizeibeamte gegeben hat – und erhebt in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe gegen Polizei und Staatsanwaltschaft. Diese würden nur sehr begrenzt mit der Datenschutzbehörde zusammenarbeiten und so die lückenlose Aufklärung des Falls erschweren.

Es geht um Drohbriefe, die kurz vor Weihnachten 2017 an linke Einrichtungen verschickt worden waren. Darin enthalten: Personenbezogene Daten – vor allem Fotos – von 45 Personen, die in 21 Fällen aus erkennungsdienstlichen Behandlungen des Berliner Landeskriminalamts stammten. „Ob das jetzt an die Identitären die AN's an Bullen oder wen auch immer geht liegt nicht bei uns“, hieß es in dem neunseitigen Brief (Rechtschreibfehler im Original, AN steht für Autonome Nationalisten, Anm. d. Red.).

Im letzten Jahr wurde ein Polizist, der das Verschicken der Briefe gestanden hatte, wegen Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz zu einer Geldstrafe von 3500 Euro verurteilt. Dieser Sachverhalt wurde allerdings erst durch ARD-Recherchen öffentlich. Aus Sicht der Datenschutzbeauftragten ist der Fall damit noch lange nicht abgeschlossen: „Wir wissen nach wie vor nicht, unter welchen konkreten Umständen die Daten abgerufen wurden“, so Dalia Kues, die Sprecherin der Datenschutzbeauftragten, am Donnerstag zur taz. Es sei auch fraglich, ob der verurteilte Polizist die Daten selbst abgerufen habe. Es könne zudem nicht ausgeschlossen werden, dass es Mittäter gegeben habe.

„Solange wir nicht wissen, wie der Täter an die Daten gelangt ist, können wir auch nicht entscheiden, wie ein solcher Missbrauch künftig verhindert werden kann“, sagt Kues. Die Zusammenarbeit mit der Polizei habe sich zeitweise sehr schleppend gestaltet, wirklicher Aufklärungswille sei nicht zu erkennen.

Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen

Thilo Cablitz, Sprecher der Berliner Polizei, weist die Vorwürfe gegenüber der taz zurück. „Die Sicherung der Daten bei der Berliner Polizei entspricht den Vorgaben des zuständigen Bundesamts.“ Jeder Zugriff werde protokolliert, die Protokolle würden stichprobenartig überprüft. Dass die Datenschutzbeauftragte keine Einsicht in die Ermittlungsakten des Verfahrens gegen den Polizisten erhalten habe, sei verständlich, schließlich sei sie keine Nebenklägerin in dem Prozess, sondern „außenstehend“ gewesen. Gegen den Beamten sei nach dem Urteil ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, das aktuell noch nicht abgeschlossen sei. Insgesamt seien beim Berliner Landeskriminalamt im letzten Jahr drei Disziplinarverfahren wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Datenschutzgesetz eingeleitet worden.

Die Argumentation, die Datenschutzbeauftragte habe kein Recht darauf, über die Ermittlungen in Kenntnis gesetzt zu werden, weist diese wiederum zurück – schließlich seien auch die Ermittlungsbehörden als datenverarbeitende Stellen gesetzlich verpflichtet, der Datenschutzbehörde Auskunft zu erteilen. Von der Staatsanwaltschaft war am Donnerstag zunächst keine Stellungnahme zu der am Mittwoch veröffentlichten Kritik der Datenschutzbeauftragten zu bekommen.

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