Demonstration in Dresden: Erinnern an Khaled Idris Bahray

Tausende sind in der sächsischen Landeshauptstadt auf die Straße gegangen. Sie forderten Aufklärung im Fall des getöteten Asylbewerbers aus Eritrea.

Protestierende halten Schilder mit „Je suis Khaled“ oder „Ich bin Khaled“ in Dresden hoch. Bild: dpa

DRESDEN dpa | „Ich bin Khaled!“ steht auf vielen Schildern geschrieben. Bei einem mehrstündigen Marsch durch Dresden erinnern am Samstag Tausende des erstochenen Asylbewerbers aus Eritrea im Nordosten Afrikas. Ein junges Mädchen hält weiße Rosen in der Hand und spricht von Mitgefühl. Ein älteres Ehepaar zeigt sich zufrieden, dass so viele Demonstranten gekommen sind. Der Fall Khaled hat die ohnehin aufgewühlten Dresdner erschüttert. Die Leiche des 20-Jährigen Mannes war am Dienstagmorgen vor einem Wohnhaus in einer Plattenbausiedlung im Südosten der Stadt gefunden worden. Die Hintergründe seines Tods sind weiter unklar.

In einer Erklärung zur Demo wurde die Befürchtung geäußert, die Gewalttat könne rassistisch motiviert sein. So weit will Ali Moradi, Geschäftsführer des Sächsischen Flüchtlingsrats, nicht gehen. „Ich hoffe, auf ein klares Ergebnis der Ermittlungen und die Gerechtigkeit“, sagt er.

Moradi beschreibt die Angst der Ausländer in der Stadt. Schon die islamfeindlichen Pegida-Märsche verfolgten sie mit Argwohn. „Sie haben Angst gleichgültig, ob sie einen deutschen Pass oder einen Flüchtlingsausweis in der Tasche haben“, sagt er.

Fremdenfeindlichkeit habe es vor Pegida auch schon gegeben – in ganz Sachsen. „Aber jetzt ist es unerträglich“, so Moradi. „Seit das mit Pegida angefangen hat, werden Ausländer beschimpft und teilweise sogar angespuckt. Anders aussehende Menschen sind hier nicht willkommen.“

Der Ausländerrat Dresden berichtet von Musliminnen, die sich mit Kopftuch kaum noch auf die Straße trauen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen, die bei uns Schutz suchen und ein Recht darauf haben, sich unsicher und verängstigt fühlen“, sagt eine Sprecherin.

Undurchsichtiges Vorgehen der Polizei

Die Polizei hatte bei dem Tod des Asylbewerbers zunächst keine Hinweise auf eine Gewalttat festgestellt. Erst die Obduktion ergab, dass der Mann durch Messerstiche in Hals und Brust getötet worden war. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gibt es bislang keine Hinweise auf Täter und Motiv. Die Ermittler stehen unter Druck – auch angesichts der durch die Anti-Islambewegung Pegida aufgeheizten Stimmung. Das dürfe nicht für Spekulationen genutzt werden, warnte Innenminister Markus Ulbig (CDU). Es gehe darum, einen „kühlen Kopf“ zu bewahren.

Der 20-jährige Khaled wohnte mit sieben Landsleuten in einer Vierzimmerwohnung eines grauen Plattenbaus. Leubnitz-Neuostra, nur wenige Autominuten vom Campus der TU Dresden entfernt, gilt nicht unbedingt als sozialer Brennpunkt der Stadt. In anderen Stadtteilen wie Gorbitz sind weitaus mehr Flüchtlinge untergebracht. Die Einwohnerschaft sei eher gemischt, meint Dorothée Marth, Vorsitzende der SPD im Ortsamt.

Plattenbauten wechseln sich mit kleinen Einfamilienhäusern entlang einer großen Ausfallstraße ab. Vor einem der Sechsgeschosser stehen drei junge Ostafrikaner, sprechen leise auf Englisch mit ihren Sozialarbeiterinnen. Sie wollen nicht über Khaled reden. Sie dächten über einen Umzug nach, heißt es im Sozialamt der Stadt. Über entsprechende Pläne habe man bereits gesprochen. Ärger habe es bisher im Viertel nicht gegeben, erzählt der Betreiber eines Asia-Imbisses im Einkaufszentrum direkt gegenüber dem Plattenbau.

Die Sozialarbeiterin beim Sächsischen Flüchtlingsrat, die auch für Flüchtlinge aus Eritrea zuständig ist, zeigt sich betroffen vom Tod des jungen Mannes. Ohnehin hätten die Flüchtlinge sich in Dresden nicht willkommen gefühlt, sagt Margit Lehr. „Und das hat sich durch den Mord noch verstärkt“. Wenn sie mit den Männern spreche, erzählten diese immer wieder von Pöbeleien und Feindseligkeiten, auch Hakenkreuz-Schmierereien habe es in den vergangenen Monaten gegeben.

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