Der Radio Bremen-Tatort macht auf Trash: Blutleer, blass und ohne Biss

Der vorletzte Krimi mit den Bremer Kommissar*innen Lürsen und Stedefreund ist eine verwässerte Nacherzählung – und im besten Falle wunderlich.

Sabine Postel und Oliver Mommsen dürfen bald in den Fernseh-Ruhestand und müssen nicht mehr nachts raus Foto: Christine Schröder/DPA

BREMEN taz | Etwas wunderlich sind die Bremer Tatort-Kommissar*innen Lürsen und Stedefreund auf ihre alten Tage offenbar geworden. Das jedenfalls wäre die gnädigste Deutung von „Blut“, der vorletzten Folge des ewigen Ermittlerduos von der Weser. Um Vampire geht’s, echte vielleicht, wahrscheinlich aber nicht – Philip Kochs Tatort lässt am Ende gemäß Genrekonvention zumindest ein paar letzte Zweifel. Aber was für ein Genre eigentlich? Gruselfilm? Irgendwie schon. Es gibt so ein paar Schock- oder doch wenigstens Schreckmomente. Ein bisschen Psychothriller: Eltern sperren ihr armes Kind über Jahre weg, treiben es in Wahnsinn und so weiter. Und dann eben Tatort: schon selbst ja irgendwie ein Genre.

Natürlich geht die Mixtur keine zwanzig Minuten gut: Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) machen auf X-Files und geben Mulder und Scully in extremo. Lürsen glaubt dermaßen stumpf an gar nichts, dass ihr noch der allerklarste Hinweis entgeht – Stedefreund steigert sich hingegen so hart rein, dass er zwischendurch selbst Vampir zu werden glaubt und später dann mit einem Holzpflock auf die Hauptverdächtige losgeht. Die Fronten zwischen alles und nichts sind klar, da passt keine interessante Entwicklung mehr dazwischen.

Viel besser hätten das auch Schauspieler*innen mit Lust nicht hinbekommen. Die Metafrage, was das alles schon wieder soll, verstellt übergroß den Blick auf durchaus gelungene Details. Vier Schocker machen keinen Gruselfilm, mit gähnenden Plotholes und fahrigen Traumszenen lässt sich wiederum kein Krimi machen – und das psychologische Drama dahinter, das Koch wohl von wegen Anspruch eigentlich erzählen wollten, das findet überhaupt keinen Platz mehr.

Es tut beim Zugucken weh

Frech ist es außerdem, dass gerade dieser Kern, das Psychodrama, nur eine verwässerte Nacherzählung von Tomas Alfredsons schwedischem Vampirmeisterwerk „So finster die Nacht“ („Låt den rätte komma in“) ist. Klar, man muss das Rad nicht neu erfinden, aber es tut beim Zugucken schon weh, wenn am Sonntagabend ständig wieder durchaus interessante, witzige und kluge Stoffe in dramaturgischen Gewaltakten in die Tatort-Formel-Wurst gepresst werden: ein Mörder hier, sein Opfer da, ganz viel Gesellschaft, tralala.

Der Tatort selbst ist der Vampir, der das Leben aus allem lutscht, was er in die Klauen bekommt. Und doch machen sie es immer wieder: Außerirdische hatten wir schon, mörderische künstliche Intelligenzen, jetzt diese Blutsauger. Es wäre so schön, wenn sie einfach damit aufhörten und den Trash denen überließen, die sich nicht eigentlich viel zu fein dafür sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.