Deutsch-Französisches Frauenforum: Gibt es sie noch, die Rabenmutter?

Wie ergeht es Frauen in Unternehmen in Deutschland und Frankreich? Beim 1. Deutsch-Französischen Frauenforum konnte man das herausfinden.

Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern

Jacinda Ardern ist Premierministerin von Neuseeland – und vor Kurzem Mutter geworden Foto: reuters

„Frauen in Toppositionen verdienen mehr als Männer in Toppositionen“, erklärte mir kürzlich ein junger Mann namens Arnaud, als wir uns das Mittagsbuffet im Institut français am Berliner Ku’damm auf die Teller schaufelten. Am Freitag letzter Woche fand dort das „Erste deutsch-französische Frauen-Forum“ unter dem Motto „Führungsrolle und Vielfalt“ statt, initiiert von der Wirtschaftshochschule HEC Paris, wo Arnaud früher mal studiert hat.

Mit dem Lohnunterschied wolle man die niedrige Anzahl von Frauen in Toppositionen kompensieren, fuhr er fort. Oder waren es die anhaltenden Lohnunterschiede zugunsten der Männer in niedrigeren Positionen? Ich hab’s vergessen. Der erste Grund wäre kontraproduktiv, der zweite zynisch, aber beides ist möglich.

„Das ist doch total unfair!“, schrie ich jedenfalls. Arnaud stimmte mir kauend zu, meinte aber, es sei damit zumindest ein Anfang gemacht, der vielleicht auf Dauer die gesamte Schieflage ausgleichen könne. Ich nickte, verstand seine These aber nur instinktiv.

Den Vortrag „Gleichstellung der Geschlechter: Können wir es wirklich schaffen?“ fanden wir jedenfalls beide interessant. Alles nur eine Frage der Planung, wäre mein Kurzresümee. Arnaud gefiel vor allem die Idee, dass man diese Zu-jeder-Zeit-an-jedem-Ort-Verfügbarkeit für Topmanager*innen nun endlich umdenken müsse. „Das erträgt doch kein Mensch“, sagte er. Entschleunigung, find’ich gut, pflichte ich ihm bei. Den Vorschlag, dass Väter bei der Geburt eines Kindes obligatorische sechs Monate Elternzeit verordnet bekommen sollten, hielt ich in diesem Sinne für progressiv.

Gender-Gleichheit will geplant sein

In der kurz darauf folgenden Kaffeepause lernte ich Marlies kennen, die eine Wirtschaftszeitschrift leitet. Davor arbeitete sie „bei Firmen, die jegliche Moral in den Müll geworfen haben“, wie sie mir verriet. Ihr großes Thema, wie sich herausstellte, ist die Förderung der deutsch-französischen Kooperation.

Deutschen kleinen und mittelständischen Unternehmen ginge es derzeit sehr gut, ja sie seien regelrecht verwöhnt, erzählte sie mir. „Leider interessieren sie sich zu wenig für potenzielle französische Partner.“ Weil das Geschäft mit den USA oder China lukrativer ist?, fragte ich. Ich habe keine Ahnung – ich dachte immer, Frankreich und Deutschland wären wichtigste Handelspartner? Das sei nicht mehr so, beteuerte Marlies. Angesichts der aktuellen Weltlage sei man jedoch geradezu moralisch verpflichtet, sich verstärkt miteinander zu befassen. „Es lohnt sich, es wird sich lohnen, wir ergänzen uns einfach so gut!“, schloss sie enthusiastisch ab. Man dürfe keine Zeit verlieren. Wie mit der Gender-Gleichheit, erinnerte ich mich: Alles muss lange vorgeplant werden.

Ich jedenfalls bekam einen guten Überblick darüber, wie Frauen in Unternehmen auf beiden Seiten der Grenze mit den exakt gleichen Schwierigkeiten und Vorurteilen konfrontiert werden. Nur Frauen, die gerade erst Mutter geworden sind und schnell wieder den Weg zum Arbeitsplatz finden, schienen in Frankreich eine größere Akzeptanz zu genießen als in Deutschland, wie öfter angemerkt wurde.

Die Sache mit dem Vokabular

„Rabenmutter. Ist der Begriff echt noch aktuell?“, staunte Martina, die in einer fast komplett von Frauen geführten Berliner Handelskammer arbeitet und mit mir in der zweiten Kaffeepause ins Gespräch kam. Auch die genannte Statistik habe sie gewundert: „28 Prozent der Männern soll nicht bewusst sein, dass es Frauen in der Arbeitswelt aufgrund ihres Geschlechts zu 99 Prozent schwieriger haben. Sind die bescheuert?“

Aber auch sie lernte etwas dazu: „Die Sache mit dem Vokabular“ sei ihr bisher nie so klar gewesen. „Meine Söhne sagen manchmal, wenn sie etwas partout nicht machen wollen, das sei doch Frauenarbeit. Wir lachen darüber. Nun glaube ich, mit solchen Sprüchen sollte Schluss sein.“ Wie alt sind die Kinder denn, fragte ich. „19 und 21“, antwortete Martina. Ich fürchte, es ist zu spät, deine Söhne sind verdorben, stichelte ich. „Mein Gott, was habe ich bloß getan?“, spielte sie dramatisch mit. „Nein, es sind gute Jungs, das weiß ich. Aber heute Abend werde ich mit ihnen darüber ein ernstes Wort reden.“

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