Diäten in der Hamburgischen Bürgerschaft: Moderate Erhöhung

Hamburgs Teilzeit-Abgeordnete sollen „mit Bedacht“ erhöhte Diäten erhalten. Trotzdem bleiben sie die günstigsten in Deutschland.

Abgeordnete hören eine Rede in der Hamburgischen Bürgerschaft.

Sind offiziell in Teilzeit unterwegs: Hamburger Abgeordnete Foto: dpa

HAMBURG taz | Hamburgs ParlamentarierInnen sind die günstigsten in Deutschland, und das wollen sie auch bleiben. Selbst nach einer Erhöhung der Abgeordnetendiäten von derzeit 2.833 Euro brutto mit Wirkung für die nächste Bürgerschaft wollen die hanseatischen TeilzeitpolitikerInnen die parlamentarischen Billigheimer der Republik bleiben. Das lässt sich einem Antrag entnehmen, den die Koalitionäre von SPD und Grünen zusammen mit den Spitzen der Oppositionsfraktionen CDU und FDP ausbaldowert haben.

Offiziell beschlossen werden soll der gemeinsame Antrag erst am 11. Februar auf den jeweiligen Fraktionssitzungen. Dass jemand den Entwurf dennoch bereits durchsickern ließ, zuerst an den NDR und die Bild, sorgt indes in anderen Fraktionen für Verstimmung. „Bei uns dürfen die Abgeordneten noch mitreden, bevor etwas beschlossen wird“, ätzt ein Abgeordneter, der ungenannt bleiben möchte. Das sei offenbar „nicht in allen Fraktionen so“, vermutet er.

Eine Erhöhung um 450 Euro im Monat schwebt der ganz großen rot-schwarz-grün-gelben Koalition jetzt vor. Das darf als moderat gelten, denn zu Jahresanfang hatte eine Expertenkommission vorgeschlagen, die Bruttobezüge um etwa 1.000 Euro aufzustocken. Dann wäre das Niveau des Berliner Abgeordnetenhauses erreicht, das in seinen Aufgaben und Funktionen der Hamburger Bürgerschaft am ähnlichsten ist. Hamburg zahlt seinen Abgeordneten bislang die geringsten Diäten aller 16 Bundesländer, Berlin liegt mit 3.840 Euro pro Monat auf Rang 15. In dem Entwurf des Antrags heißt es, die Diäten sollten „mit Bedacht“ angepasst werden.

Die mehr als doppelt so hohe Aufstockung hatte ein von der Bürgerschaft beauftragter Thinktank aus den ehemaligen Mitgliedern der Diätenkommission angeregt. Die Teilzeitparlamentarier könnten dadurch in ihrer Doppelbelastung durch Beruf und Mandat entlastet werden, hatte dessen Sprecherin, die frühere SPD-Abgeordnete Gesine Dräger, die Anhebung begründet.

Die Hamburgische Bürgerschaft ist das Landesparlament des Bundeslandes Hamburg. Da dieses Bundesland zugleich aus einer einzigen Stadt besteht, ist die Bürgerschaft auch – anders als Landtage in Flächenländern – Kommunalparlament.

Sie besteht aus 121 Abgeordneten, die offiziell Teilzeitparlamentarier sind. Die meisten üben neben der Politik noch einen Beruf aus, zumeist ebenfalls in Teilzeit.

Vollzeitparlamentarier sind lediglich die Bürgerschaftspräsidentin und die Fraktionsvorsitzenden. Sie erhalten im Grundsatz dreifache Diäten, in einigen Fraktionen existieren interne Sonderregelungen, zum Beispiel bei einer Doppelspitze.

Eine Legislaturperiode dauert fünf Jahre, die jetzige also seit der Wahl im Februar 2015 bis Februar kommenden Jahres. Beschlüsse über höhere Diäten können nur für künftige Parlamente gefasst werden, nicht mehr von der aktuellen Bürgerschaft für sich selbst.

Denn nach Einschätzung dieser Expertenkommission sind die Anforderungen an die Abgeordneten in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Durch die Wahlrechtsreform mit Einführung von Wahlkreisen in der Stadt – 71 der 121 Sitze werden von Wahlkreisabgeordneten eingenommen, nur 50 werden nach Parteilisten verteilt – müssten die ParlamentarierInnen viel mehr Präsenz zeigen und Verantwortung vor Ort übernehmen.

Auch die zunehmende Bedeutung europäischer und globaler Themen habe die Arbeit der Abgeordneten erheblich komplexer gemacht. Zudem erforderten Internet und soziale Medien eine Erreichbarkeit und Reaktionsfähigkeit der Abgeordneten nahezu rund um die Uhr. Die Arbeitsbelastung von ParlamentarierInnen sei somit nachweislich auf 60, in Einzelfällen bis zu 80 Stunden pro Woche gestiegen: Von Teilzeit kann da keine Rede mehr sein. „Für die Abgeordneten bedeutet das einen Spagat, der nur auf Kosten der Gesundheit, der Familie oder des beruflichen Engagements hinzubekommen ist“, hatte Kommisionssprecherin Dräger gesagt.

Die Präsidentin der Bürgerschaft, Carola Veit (SPD), hatte Anfang Januar von einem pragmatischen Vorschlag der Expertenkommission gesprochen, „der den Bedarfen vieler Abgeordneten sehr entgegenkommt“. Umgesetzt werden könnte er, unabhängig von der konkreten Höhe der Aufstockung, zur nächsten Legislaturperiode nach der Bürgerschaftswahl 2020.

Von einer ganz großen Strukturreform, der Einführung eines Vollzeitparlaments, ist indes noch immer keine Rede.

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