Dialog zum Krieg in der Ukraine: Kritik an Russland

Der Friedensprozesses in der Ukraine stockt, doch man bemüht sich um einen Dialog. Poroschenko besucht Berlin. In Antalya treffen sich die Nato-Außenminister.

Angela Merkel und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Mittwoch in Berlin. Bild: dpa

BERLIN/BELEK dpa | Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove hat Russland vorgeworfen, seine Atomwaffen in der Ukraine-Krise als Druckmittel gegen die Militärallianz einzusetzen. „Wenn es um ihre Kernwaffen geht, sollten alle Atomstaaten nicht nur verantwortungsvoll handeln, sondern auch ihre Worte sorgsam wählen“, sagte Breedlove am Mittwoch am Rande des Nato-Außenministertreffens im türkischen Antalya.

Russland dagegen wolle mit den wiederholten Anspielungen auf sein Atomarsenal eine Botschaft senden und die Nato dazu bringen, sich jegliche Reaktion - etwa mit konventionellen Waffen – auf das russische Vorgehen in der Ukraine genau zu überlegen. „Das ist keine verantwortungsvolle Sprache für einen Atomstaat“, kritisierte der US-General. „Das hilft nicht bei ernsthaften Verhandlungen.“

Russische Regierungsvertreter hatten wiederholt das Atomarsenal des Landes ins Gespräch gebracht, als die Spannungen mit dem Westen in der Ukraine-Krise stiegen. Präsident Wladimir Putin erklärte etwa im März, die Führung in Moskau sei bereit gewesen, ihre strategischen Raketentruppen in Alarmbereitschaft zu versetzen, um die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim sicherzustellen.

Der russische Botschafter in Dänemark wiederum drohte, dänische Kriegsschiffe könnten ins Visier russischer Atomraketen geraten, falls sich das Land dem Raketenschirm der Nato anschließe.

Reden in Berlin

Angesichts des stockenden Friedensprozesses in der Ukraine bemüht sich der Westen, die Umsetzung des Minsker Abkommens wieder in Gang zu bringen. „Es ist mühselig, es ist mühsam. Aber die Ukraine hat alle Unterstützung auf einem wirtschaftlich erfolgreichen Weg und auf einem Weg zum Frieden verdient“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko am Mittwoch in Berlin.

Dieser bezeichnete die im Februar vereinbarte Waffenruhe im ZDF-„heute journal“ als „Pseudo-Ruhe“. Seither seien schon „83 Helden“ der Ukraine gestorben. Die Nato warnte Russland vor der Stationierung von Atomwaffen auf der im vergangenen Jahr annektierten Krim.

Merkel betonte, noch gebe es in dem Konflikt zwischen ukrainischem Militär und prorussischen Separatisten im Osten des Landes keine vollständige Waffenruhe. Auch der Gefangenenaustausch habe bisher nicht das vereinbarte Niveau erreicht. Nach Poroschenkos Worten befanden sich noch mehr als 30 Ukrainer in Gefangenschaft. „Unsere Bürger müssen freigelassen werden“, forderte er.

Drei Monate nach der Einigung auf den Friedensplan sind nach Berichten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) noch immer nicht alle schweren Waffen von der Front abgezogen. Poroschenko beschuldigte Russland, seine Militärpräsenz in der Ostukraine auszubauen. Die Zahl der russischen Einheiten dort und besonders rund um die Stadt Mariupol wachse, sagte er im ZDF. Er fürchte, die Aufständischen wollten auf Geheiß von Kremlchef Wladimir Putin einen Landweg Richtung Krim erkämpfen. Diese hatte sich Russland im März 2014 einverleibt. Russland bestreitet, Truppen und Waffen in die Ostukraine geschickt zu haben.

„Wenn die Ukraine scheitert, scheitern wir alle“

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte die Regierung in Moskau eindringlich vor einer Stationierung von Atomwaffen auf der Krim. Die Alliierten und die Ukraine seien tief besorgt über Äußerungen der russischen Führung, dass dies eine Option sei, sagte der Norweger nach einem Außenministertreffen im türkischen Belek. Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin zeigte sich beeindruckt von der Solidarität der Nato-Staaten. Mehrere Minister hätten betont: „Wenn die Ukraine scheitert, scheitern wir alle.“

Der Friedensplan für die Ostukraine war am 12. Februar unter deutsch-französischer Beteiligung in der weißrussischen Hauptstadt Minsk ausgehandelt worden. Trotz der darin vereinbarten Waffenruhe kommt es fast täglich zu Gefechten. Seit April 2014 wurden nach UN-Angaben mehr als 6000 Menschen in dem Konflikt getötet.

Auch Frankreichs Präsident François Hollande, der am Mittwoch den ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk empfing, zeigte sich nach Angaben des Élyséepalastes besorgt über die Verstöße gegen die Waffenruhe. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in Belek, es sei unendlich mühsam, die Vereinbarung von Minsk umzusetzen. Die Einrichtung der von den Konfliktparteien gebildeten Arbeitsgruppen lasse aber auf Fortschritte hoffen.

Teil des Minsker Abkommens ist auch eine neue Verfassung. Die Separatisten forderten dafür am Mittwoch einen blockfreien Status des Landes und eine eigene Polizei sowie wirtschaftliche Sonderrechte. Die Vorstellungen über die politische Zukunft der krisengeschüttelten Ostukraine gehen aber weit auseinander. So lehnt die prowestliche Führung in Kiew einen Sonderstatus der Separatistengebiete ab.

Der Westen sieht Moskau als „Aggressor“ in der Ukraine-Krise. Bei ihrem Besuch in der russischen Hauptstadt am Sonntag hatte Merkel Präsident Wladimir Putin mit ungewöhnlich scharfen Worten zu einem stärkeren Einlenken aufgefordert.

US-Außenminister John Kerry war am Dienstag mit Kremlchef Wladimir Putin im russischen Sotschi zusammengetroffen. „Wir hoffen stark, dass Präsident Putin, Russland und die Separatisten gemeinsam mit der Regierung der Ukraine für eine vollständigen Umsetzung arbeiten und Fortschritte machen“, sagte er in Belek.

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