Die Linke auf Koalitions-Check: Vermögensteuer und EU-Neustart

Die Linkspartei hat am Wochenende ihr Wahlprogramm verabschiedet. Die Basis muss nun darüber abstimmen. Wie rot-rot-grün-tauglich ist es?

Katja Kipping und Bernd Riexinger vor einer roten Wand

Was würde er wohl dazu sagen? Foto: dpa

STEUERN

Das steht drin: Die Linkspartei hat ein Einkommensteuerkonzept vorgelegt, das nichts kostet. Wer weniger als 7.100 Euro brutto im Monat verdient, soll entlastet werden. Wer mehr hat, soll mehr abgeben. Zusätzlich will die Linke eine Vermögensteuer für Millionäre einführen. Ab der zweiten Million sind 5 Prozent fällig. Dieses Geld – bis zu 80 Milliarden Euro pro Jahr – will die Partei in den Sozialbereich investieren.

Verhandelbar? „Wir müssen einen Einstieg in die Vermögensteuer hinbekommen. Das ist das Entscheidende“, sagt Parteivize Axel Troost. Ohne diese Geldquelle seien alle sozialen Versprechungen Makulatur.

Kompatibel mit SPD und Grünen? Unter Schmerzen. Selbst linke SPDler sehen eine Vermögensteuer kritisch. Die Grünen haben eine Vermögenssteuer für Superreiche im ihrem Programmentwurf erwähnt – ohne konkret zu werden.

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SOZIALES

Das steht drin: Die Linke will Hartz IV abschaffen und durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1.050 Euro ersetzen. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I soll deutlich verlängert werden, der Mindestlohn soll auf 12 Euro erhöht werden. Die Partei will die private Krankenversicherung abschaffen und in eine solidarische Bürgerversicherung überführen. Das Rentenniveau will die Partei wieder auf 53 Prozent anheben und eine Mindestrente einführen.

Verhandelbar? „Wenn die SPD einen Mindestlohn von 11,70 Euro fordert, würde eine Koalition daran nicht scheitern“, sagt Parteichef Bernd Riexinger. Wichtig sei: Die Richtung muss stimmen.

Kompatibel mit SPD und Grünen? Bei Themen wie Gesundheit und gute Arbeit gibt es die größten Schnittmengen mit der SPD. Kritisch ist die Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen. Die Grünen sind eher die Bremser.

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EUROPA

Das steht drin: Die Linkspartei will einen Neustart in Europa. Man wolle ein Europa mit neuen Verträgen und Strukturen, die Austeritätspolitik soll beendet, Massenarbeitslosigkeit europaweit bekämpft werden

Verhandelbar? „Wir sind proeuropäisch“, sagt Parteichefin Katja Kipping. Einen Neustart für eine soziale und demokratische Union hält sie für unabdingbar. Eine Kündigung der Maastrichter Verträge ist damit jedoch nicht automatisch gemeint. Das, so Parteivize ­Troost, sei nicht realistisch. Wichtig sei eine andere Politik.

Kompatibel mit SPD und Grünen? Im Grunde ja. SPD-Chef Martin Schulz hat bei seiner Nominierung als Kanzlerkandidat zwar nur gesagt, dass er Europa „besser, effizienter und bürgernäher“ machen wolle. Doch viele SPDler denken auch: solidarischer. Die Grünen finden, nur ein solidarisches Europa schütze Mensch und Umwelt.

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MILITÄR

Das steht drin: „Die Linke wird sich nicht an einer Regierung beteiligen, die Kriege führt und auf Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland setzt. Wir wollen die Nato auflösen und durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einbeziehung von Russland ersetzen.“

Verhandelbar? Kaum. Kampfeinsätze gehören zu den roten Haltelinien der Partei. „Es wird keine Regierung unter Beteiligung der Linken geben, die Kriege führt“, so Parteichefin Kipping. Obwohl nicht alle Auslandseinsätze auch Kampfeinsätze sind – etwa die Vernichtung von Chemiewaffen in Syrien –, würde die Linke alle aktuell laufenden Einsätze beenden. Über die Nato kann man hingegen reden. Das sei keine rote Linie, so Kipping.

Kompatibel mit SPD und Grünen: Nein. In Sachen Abrüstung könnte man sich einigen, doch Grüne und SPD sehen Aus­lands­einsätze pragmatisch: mit UN-Mandat kein Problem.

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FLÜCHTLINGE

Das steht drin: „Die Linke ist Teil der Willkommens- und Solidaritätsbewegung für die Geflüchteten. Sie unterstützt die Forderungen nach sofortigem Stopp der Abschiebungen und für ein Bleiberechte für alle.“ Außerdem fordert die Partei sichere Fluchtwege nach Europa.

Verhandelbar? Jein. Lucy Redler, Vorstandmitglied und Vertreterin des Rot-Rot-Grün-skeptischen linken Flügels, meint: „Die antikapitalistische Linke und auch andere würden keiner Regierung zustimmen, die das Asylrecht nicht wiederherstellt, Obergrenzen einführt und weiter abschiebt.“ Andere in der Partei, wie Sahra Wagenknecht, sehen das nicht so streng.

Kompatibel mit SPD und Grünen: Grüne und Linke sind nah beieinander: Auch die Grünen wollen Fluchtursachen bekämpfen und setzen sich für legale Fluchtwege ein. Abschiebungen sind als letztes Mittel aber okay – erst recht für die SPD.

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KLIMA

Das steht drin: Die Partei will den Einstieg in einen sozial gerechten, ökologischen Umbau, auf demokratischem Weg. Um die Klimakatastrophe abzuwenden, setzt sie auf globale Armutsbekämpfung; sie will 0,7 Prozent des BIPs für Entwicklungszusammenarbeit. In Deutschland will die Linke erneuerbare Energien fördern und den Ausstieg aus Kohle und Atomkraft.

Verhandelbar? Das Kapitel ist das längste im Wahlprogrammentwurf, aber nicht das allerwichtigste. Die sozialen Themen haben für die Linkspartei Priorität, also sind beim Klimaschutz Zugeständnisse in alle Richtungen denkbar.

Kompatibel mit SPD und Grünen? Die Grünen machen den Verzicht auf Kohle zur Grundvoraussetzung für eine Koalition mit ihnen. An der Linken sollte es in diesem Punkt nicht scheitern, die SPD wollte sich bisher nicht auf ein festes Datum für den Kohleausstieg festlegen.

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