Die Stimme aus dem Ausland: Kurz ist nicht Kerns Schulz

Auch in Wien regiert eine große Koalition, auch dort will der Juniorpartner Kanzler werden. Damit hören aber die Parallelen zu Deutschland auf.

Zeri Männer: Martin Schulz und Christian Kern. Letzterer greift sich mit der Hand an die Strin

Sozialdemokraten mit wenig Grund zur Zuversicht: Martin Schulz und Christian Kern Foto: dpa

Wenn der große Bruder – also Deutschland – wählt, dann ist das für das kleine Österreich immer interessant. Die Bundesrepublik zählt schließlich zu den wichtigsten Handelspartnern der Ösis, zudem schwappt jede gesellschaftliche Debatte über kurz oder lang nach Österreich herüber.

Und diesmal schaut Österreich besonders genau hin, denn drei Wochen später, am 15. Oktober, findet dort die Nationalratswahl statt – also quasi Bundestagswahl auf österreichisch. Mit mitleidigem Blick verfolgt der Österreicher den Wahlkampf von SPD-Herausforderer Martin Schulz. Dass jene Partei, die den Juniorpartner in einer großen Koalition stellt, künftig Kanzlerpartei sein will, das ist nämlich in Wien ganz genauso.

Auch dort gibt es eine große Koalition, nur mit umgekehrtem Farbenspiel. Die Sozialdemokraten stellen mit Christian Kern den Kanzler, die Volkspartei (also die Alpen-CDU) ist Nummer zwei. Geführt wird sie von Außenminister Sebastian Kurz, der ebenso jung wie ehrgeizig ist. Obwohl er als Außenminister der Regierung angehört, tut er so, als schwebe er über der Regierung – und als gehe ihn das Regierungshandeln eigentlich nichts an

Da ähnelt er Martin Schulz, der ja auch glauben machen möchte, er kenne nur Würselen und Brüssel, habe aber mit Beschlüssen in SPD-Vorstand und Präsidium nichts zu tun. Und dem 31-jährigen Kurz gelingt, wovon Schulz nur träumen kann: Er setzt auf eine restriktivere Asylpolitik und präsentierte sich so als echte Alternative zu Kern, wohingegen Schulz ja eher den Eindruck vermittelt: Wir wollen es so wie die CDU, nur ein bisschen anders.

Kanzlerinnengelassenheit: Madame Teflon

Ein Alleinstellungsmerkmal sieht anders aus. Und bei der Verschärfung von Sicherheitsgesetzen tut sich die SPD ohnehin härter als die Union. Außenminister Kurz hat zudem das Glück, dass Kanzler Kern nicht mit der Merkel’schen Kanzlergelassenheit ausgestattet ist.

Unlängst forderte der österreichische Außenminister, man möge die Mehrwertsteuer für Urlaubsübernachtungen senken. Prompt erwiderte Kanzler Kern, bei solchen Berechnungen müsse man schon seriös bleiben. Das würde sich Martin Schulz mal wünschen: dass Kanzlerin Merkel auf einen solchen Detailvorschlag überhaupt eingeht und ihn dadurch adelt. Aber Madame Teflon lässt die roten Forderungen ja an sich abperlen.

Kurz erlebt daher, wovon Schulz nur träumen kann: Er liegt in Umfragen an erster Stelle, die Sozialdemokraten und auch die FPÖ sind rund neun Punkte dahinter.

Im Moment schaut es nicht so aus, als würde sich da bis zum Wahltag etwas ändern. Eben wie bei Schulz und der SPD – nur mit umgekehrten Vorzeichen.

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