Die Wahrheit: Asche auf Kölsch

Erst jetzt sickerten finanzielle Details über den erstmaligen Jahresabschluss des Erzbistums Köln und seine babylonischen Reichtümer durch.

Das kölsche Gold lagert im Dom und ist kein Bier. Bild: Imago

„Die Gnade des Herrn ist über uns gekommen“, bejubelt Fiskalkaplan Heinrich-Maria Henze die tatsächlich himmlische Rendite einer kirchlichen Fondsbeteiligung, lässt die anwesenden Journalisten zum Dankgebet niederknien, schwenkt sein Weihrauchfässchen und geht zum nächsten Posten über.

Seit viereinhalb Stunden stellt der Geistliche vom Orden der minderen Brüder von der beschränkten Haftung den Finanzbericht seiner Kölner Diözese in allen seinen faszinierenden Details vor – und sogar die geringsten unter seinen Zahlen verachtet der Gottesmann nicht.

Gerade verliest er in aller Ausführlichkeit den Quartalsbericht eines Kiosk in Köln-Nippes, an dem das Erzbistum Anteile hält, seit der Inhaber nach Anrufung des Heiligen Gambrinus spontan von einem mittelschweren Kater genas und sein Leergut der Kirche vermachte.

„Lasset uns beten“, fordert Monsignore Henze jene Journalisten auf, die am vergangenen Aschermittwoch dem Ruf der Kirche zur Pressekonferenz gefolgt sind und nun mit frisch gepinselten Aschekreuzen auf ihren Stirnen in den harten Bänken der Bonitäts-Kirche knien, um sich von den sagenhaften Reichtümern der kölschen Kleriker künden zu lassen.

Henze widmet sich nun deutlich lukrativeren Unternehmensbeteiligungen des Erzbistums. Eine Abordnung der katholischen Landfrauen stellt das komplizierte Firmengeflecht als Pantomime dar und beantwortet anschließend die kritischen Fragen der Journalisten mit tänzerischen Mitteln, denn die katholische Kirche fühlt sich ebenso der Einbindung weiblicher Laien wie umfassender wirtschaftlicher Transparenz verpflichtet.

Nach dem Finanzskandal um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst hat sein Kölner Amtskollege Rainer Maria Kardinal Woelki jedenfalls die Bücher seines Sprengels offengelegt und ließ jetzt erstmals einen Jahresabschluss erarbeiten, der den Anforderungen des Handelsgesetzbuchs gerecht werden soll, auch wenn er nach tridentinischem Ritus – also mit dem Buchrücken zur Gemeinde und obendrein in lateinischer Sprache – vorgelegt wird.

„Wir haben nichts zu verbergen“, bestätigt Fiskalkaplan Henze. „Dass der Kölner Erzbischof stinkreich ist, ist doch seit dem Mittelalter bekannt. Da können die Limburger einpacken.“ Tatsächlich hat das größte deutsche Bistum zu Köln ein beachtliches Vermögen von 3,35 Milliarden Euro angehäuft, das zu großen Teilen in Aktien, Immobilien und Unternehmensbeteiligungen angelegt ist. Der Dom und andere schwer vermittelbare Kleinodien sind dagegen nur mit symbolischen Wertbeträgen verbucht.

„Anders als die Limburger müssen wir uns keine Prunkbauten mehr hinstellen, das haben frühere Generationen schon besorgt. Da spart man natürlich einiges“, gibt Henze zu und lässt den Blick über die Domstadt schweifen, die derart mit sakralen Immobilien zugeparkt ist, dass man vor lauter Kirchen kaum den Dom sieht.

„Das Erzbistum ist glänzend aufgestellt“, lobt auch Josef-Maria Jung von der Kölner Unternehmensberatung Ernst & Jung & Katholisch. „Zur Eigenkapitalstärkung eines Unternehmens dieser Größenordnung wäre allerdings ein Börsengang unerlässlich.“

Ausgliederung des Seelsorgegeschäfts

Und tatsächlich ist vor einigen Tagen ein Papier aufgetaucht, das einen Umbau des Erzbistums für den Gang auf das Börsenparkett skizziert: Das personalintensive Seelsorgegeschäft soll ausgegliedert, der Ablass- und Wertpapierhandel ausgebaut werden. In einem zweiten Schritt will man andere regionale Religionsversorger wie den 1. FC Köln oder die Höhner dazukaufen und gemeinsam zur Marke „KölschKatholisch“ fusionieren.

Wie aber ist der babylonische Reichtum der Kölner Erzdiözese mit den Vorstellungen einer armen Kirche vereinbar, denen Papst Franziskus so leidenschaftlich anhängt?

„Der Heilige Vater erzählt viel, wenn der Flug lang ist“, bemüht sich Monsignore Henze um Erklärungsversuche. „Da sind auch viele Gleichnisse dabei, deren Bedeutungen dem theologischen Laien verschlossen bleiben. Wenn der Papst zum Beispiel sagt, dass man sein Kind in Würde verkloppen soll …“ Der Geistliche stockt. „Nun ja, dann meint er vermutlich genau das, aber die Sache mit der armen Kirche war ganz sicher eine Metapher für irgendwas.“

Das bestätigt auch Jorge Nazareno Kardinal Cardenal, der als fairer Verlierer aus Ecuador angereist ist, um den Kölnern zu gratulieren. In einem kircheninternen Ranking, der Liste des Heiligen Forbus, hat seine Urwalddiözese den letzten Platz belegt und muss nun die Kölner Spitzenreiter zum Festessen einladen – natürlich auf Kosten der Gläubigen vom Amazonas.

„Nur im Zustand der Armut kann die Sinnhaftigkeit von Leid spirituell erfahren werden“, salbadert Kardinal Cardenal nach allen Regeln der sakralen Kunst über einem allerletzten Abendmahl. „Aber wir einfachen Arbeiter im Weinberg des Herrn sind dieser Gnade einfach nicht würdig, die überlassen wir den Gläubigen.“

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