Die Wahrheit: Heimtückische Glut der Ehe

Der sogenannte Bund fürs Leben kann auch an vermeintlich paradiesischen Orten Knall auf Fall kaputtgehen. Lisdoonvarna ist keine Ausnahme.

Lisdoonvarna ist ein Ort der Eheanbahnung. Hier, im Westen Irlands, findet jeden September das große „Matchmaking Festival“ statt, ein Heiratsmarkt, zu dem an den Wochenenden bis zu 20.000 Menschen anreisen. Der irische Musikveteran Christy Moore hat dem kleinen Ort mit seinem Lied „Lisdoonvarna“ ein Denkmal gesetzt. Manchmal gehen aber auch im Heiratsparadies Ehen in die Brüche, und zwar gründlich.

Fergus, ein Ire, und Anne, eine Engländerin, waren dort seit zehn Jahren verheiratet. Er behandelte sie nicht sonderlich gut, das war in der Nachbarschaft bekannt. Schließlich hatte Anne nach einem erneuten Streit die Nase voll. Fergus hat hinter dem Haus einen kleinen Wellblech-Container mit einer Tür und einer Dachluke, durch die das Licht hineinfällt. Hier bewahrt er sein Werkzeug auf. Als er neulich mal wieder seine Schrauben sortierte, schlug Anne die Tür geschwind zu und verriegelte sie. Dann kletterte sie mit Hilfe einer Leiter auf das Dach des Containers, schüttete Benzin durch die Dachluke und warf ein Streichholz hinterher.

Anne hatte die Tat offenbar seit Längerem geplant, doch ihr Plan enthielt einen gravierenden Fehler. Das Benzin setzte den Container nicht in Brand, sondern das Benzin-Luft-Gemisch explodierte und sprengte die Tür aus den Angeln. Fergus flog in hohem Bogen auf die Wiese. Zwar erlitt er Verbrennungen, aber er überlebte. Als der Krankenwagen kam, war Anne längst auf der Flucht nach England.

Fergus hatte Glück, dass Feuerwehr und Ambulanz schnell zur Stelle waren. Das ist nicht selbstverständlich. Maggie und Eckie leben in Killarney im Südwesten Irlands. Im Wohnzimmer haben sie einen Kamin, der in dieser ungemütlichen Jahreszeit Wärme spendet. Die Asche entsorgen sie morgens im Schuppen neben dem Haus.

Vorige Woche war aber noch etwas Glut in der Asche. Wird schon gutgehen, hoffte Eckie, und so schien es zunächst auch. Doch Glut ist heimtückisch. Erst zwölf Stunden später hatte sie den Müllsack entzündet, von dort griff das Feuer auf den Schuppen über. Maggie wählte den Notruf in der Annahme, dass die Feuerwehr in Windeseile anrücken würde, denn die Feuerwache liegt nur wenige hundert Meter entfernt. Doch weit gefehlt. Die Iren haben die Notrufzentrale vermutlich privatisiert. Die Frau am anderen Ende der Leitung hatte nicht den geringsten Schimmer von irischer Geografie. Maggie möge den Ortsnamen gefälligst buchstabieren.

Killarney gehört zu den bekanntesten Orten der Insel, jedes Kind kennt ihn, und jeder Irland-Tourist auch. Die Frau in der Notrufzentrale kannte ihn nicht. Während sie seelenruhig den Namen aufschrieb und zur Sicherheit nachfragte („Mit zwei l?“), brannte der Schuppen lichterloh. Nachbarn hatten inzwischen eine Kette gebildet und gossen Wasser in die Flammen. Als die Feuerwehr endlich eintraf, war der Schuppen restlos abgebrannt.

Wenigstens kann Eckie nun nicht das gleiche Schicksal wie Fergus erleiden. Eine Dachluke, durch die man Benzin gießen kann, gibt es nicht mehr.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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