Die Wahrheit: Unbeleckte Amerikaner

Wenn Touristen von ihrem Reisebüro Geld zurückfordern, weil sie in Irland keinen Leprechaun gesehen haben, dann müssen es Amis sein.

Reisen bildet. So heißt es jedenfalls im Sprichwort. Wer das erfunden hat, kannte keine Amerikaner. An denen gehen Reisen spurlos vorüber. Es ist schon viel geschrieben worden über die Ignoranz der Amis, aber sie setzen immer noch eins drauf.

Nach neuesten Umfragen ist mehr als die Hälfte der US-Touristen davon überzeugt, dass es in Irland Leprechauns gebe, jene winzigen Schuhmacher, die wissen, wo immense Goldschätze versteckt sind. Eine Frau aus Kentucky verlangte von ihrem Reisebüro neulich die Erstattung der Reisekosten, da sie während ihrer zweiwöchigen Irlandreise keinen einzigen Leprechaun gefangen habe – und das sei schließlich der Hauptgrund für ihre Reise gewesen.

Mein Nachbar traf vor einigen Jahren auf etwas misstrauischere US-Touristen. Sie fragten ihn, ob es tatsächlich Leprechauns gebe. Er gab die einzig mögliche Antwort: „Es gibt sie genauso, wie es Massenvernichtungswaffen im Irak gibt.“

Mitunter stößt man auf verwirrte Amerikaner, die meinen, seit 50 Kilometern den Schildern für eine „Shopping mall“ gefolgt zu sein, bis ihnen jemand erklärt, dass „go mall“ Irisch sei und „langsam“ bedeute. Manche Amis können im Restaurant ihre Rechnung nicht bezahlen, weil sie vor der Reise ihre Dollar in Pfund Sterling umgetauscht haben – in der Annahme, dass Irland zu England gehöre.

Das kann passieren, aber von Fernsehmoderatoren könnte man doch erwarten, dass sie sich auf ihre Studiogäste vorbereiten. Joe Kernen von CNBC hatte Martin Shanahan von der irischen Industrieförderungsbehörde zu Gast. Kernen fiel aus allen Wolken, als Shanahan erzählte, dass Irlands Währung der Euro sei. „Wieso der Euro?“, fragte er entgeistert. „Warum nicht?“, antwortete Shanahan.

Die Iren benutzen kein Sterling

Er sei gerade aus Schottland heimgekehrt, sagte Kernen, und die benutzen offenbar schottische Pfunde. Das sei Sterling, erläuterte Shanahan. „Wirklich?“, meinte Kernen und fragte: Wenn die Schotten Sterling benutzen, warum dann nicht auch die Iren? Es sei doch dieselbe Insel. Nicht ganz, man liege aber dicht nebeneinander, gab Shanahan Geografie-Nachhilfe. Als er dann erklärte, dass die Nordiren Sterling benutzen, war es um Kernens Fassung geschehen. „Das gibt es doch nicht“, rief er. „Das ist mir jetzt viel zu kompliziert.“ Und brach das Interview ab.

Niall Gibbons vom irischen Tourismusverband hatte mit seinem Gastgeber auch kein Glück. Er hatte an der Radioshow „What’s Cookin’?“ auf CRN Talk Radio teilgenommen, um den Amerikanern Irland als Reiseziel schmackhaft zu machen. Der Moderator Mike Horn begrüßte ihn mit einem herzlichen „Begorrah“, einem Wort, das in Irland seit 200 Jahren nicht mehr in Gebrauch ist, aber in den USA immer dann hervorgekramt wird, wenn man möglichst irisch klingen möchte.

Doch es kam noch schlimmer. Horn fragte seinen Gast, ob es in Irland Pläne gebe, aus dem Vereinigten Königreich auszutreten? Gibbons nuschelte indigniert: „Eine interessante Frage.“ Dann schlug er Horn vor, demnächst einen Leprechaun in seine Sendung einzuladen.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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