Die Wahrheit: Abgesoffene Autobahn

In Dublin hat man einen „Atlantik-Korridor“ geplant, aber dabei schlicht das Wasser vergessen, das aus Irland eine verdammt nasse Insel macht.

Manchmal regnet es in Irland. Das wissen Einheimische und Touristen, und Heinrich Böll wusste es schon 1957. „Der Regen ist hier absolut, großartig und erschreckend”, schrieb er in seinem „Irischen Tagebuch“. Nur im Transportministerium hat man das noch nicht bemerkt. Vermutlich gehen die Ministerialangestellten selten vor die Tür. So haben sie eine vierspurige Autobahn geplant, die „ein wichtiger Teil des Atlantik-Korridors“ sein werde, wenn sie 2018 fertiggestellt ist. Sie soll die Grafschaften Donegal und Sligo im Norden mit Cork im Süden verbinden. Doch dazu benötigt man Amphibienfahrzeuge.

Professor Paul Johnston, ein Hydrologe vom Trinity College in Dublin, warnte schon damals, dass Teilstücke in der Grafschaft Galway absaufen würden. Er riet den Planern, die Streckenführung ein wenig nach Osten zu verschieben. Das hat man nicht getan, weil das etwas teurer gewesen wäre. Nun muss man die Straße wohl erhöhen, was die veranschlagten Baukosten von 550 Millionen Euro ebenfalls erhöhen wird. Aber das macht ja nichts, die Straße wird durch Public Private Partnership finanziert: Eine Privatfirma baut die Straße mit Steuergeldern und darf danach bis zum Sanktnimmerleinstag Mautgebühren kassieren. Es ist eine Lizenz zum Geld drucken.

Micheál Burke, ein Bauer in Ardrahan, musste aufgrund einer Enteignungsverfügung knapp neun Hektar seines Landes für die Autobahn abtreten. Da die Straße mitten durch den Rest seines Landes verlaufen wird, spendierte ihm die Planungsbehörde in Dublin einen Tunnel unter der Autobahn. Er ist fünf Meter hoch, und wegen der wochenlangen Regenfälle steht das Wasser nun vier Meter hoch in der Unterführung. „Es ist gar kein richtiger Tunnel“, sagte Burke enttäuscht, „wenn er vier Monate im Jahr unter Wasser ist. Dabei hat man behauptet, die Überschwemmungen von 2009 passieren nur alle hundert Jahre.“

Die Dubliner Planer fahren offenbar selten aufs Land. Vor allem im Westen und Süden Irlands sind nach dem feuchtesten Dezember der Geschichte viele Städte und Dörfer überflutet. Burke und seine Nachbarn sagen, dass es bereits seit Mitte der neunziger Jahre regelmäßig Überschwemmungen gegeben habe. Auf dem Land, dass ihm von den Autobahnbauern weggenommen wurde, befinde sich ein Turlough, meinte Burke. Turloughs sind Senken, die im Winter von unterirdischen Quellen geflutet werden und im Sommer austrocknen. Manchmal, wie jetzt nach dem langen Regen, schießt das Wasser in regelrechten Wasserfällen aus den Bergen.

Die Anwohner der Gegend hatten 2011 einen polnischen Taucher beauftragt, die unterirdische Landschaft zu untersuchen. Artur Koslowski ertrank in einer überfluteten Höhle bei Kiltartan. Professor Johnston ist neulich mit einem Kanu zu der Stelle gerudert und stellte fest, dass das Wasser vom Berg Slieve Aughty mit Wucht in Richtung Atlantik strömt. Vielleicht meinten die Sesselfurzer vom Transportministerium das ja mit ihrem „Atlantik-Korridor“.

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kari

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