Die Wahrheit: Her mit der Paracetamolpizza!

Nie wieder gesund essen! Oder im Gegenteil genau das: Mit Pharma-Cocktails der besonderen Art. Nur so kommt man unbeschadet durch den Infektions-Herbst.

Drei Tage Regen jüngst im Bayerischen, ein flüchtiger Blick aufs Herbstgrau. Und schon ist es vorbei. Das Immunsystem ist im Eimer. Psychosomatisch. Kann man nichts machen, zumindest ich nicht. Dabei habe ich Sport getrieben – wider meine innerste Überzeugung. Ich habe Müsli und Obst gegessen! Half alles nichts. Drei Tage Regen. Und meine Frau hat ihre Gummistiefel angezogen. Wieder so ein Signal an den Organismus: „Achtung, Herbstwetter, Immunsystem abschalten!“

Die Saison ist eröffnet: Schniefen, Husten, Schädel-dröhnen. Das wird jetzt bis April so weitergehen. Auch weil der eigene Sohn nicht genug kriegt von leckeren Kindergartenkeimen. Und weil ich unterbewusst eine total kranke Politik der Grippalsolidarität fahre. Das offenbart sich jetzt wieder, trotz Müsli und Radfahren. Ich hätte heillos überwürzte Fertiggerichte zu mir nehmen können, Chips, Schokolade, Schnaps! Stattdessen: Gojibeeren, Waldnüsse, Haferflocken, Joghurt.

Ich meine, wenn es egal ist, wie gesund ich esse, und ich trotzdem wieder monatelang dauererkältet sein werde, dann muss ich doch meine Geschmacksknospen nicht unnötig quälen? Nein, viel besser! Man sollte das kombinieren, um Abhilfe zu schaffen. Junkfood trifft Pharmakeule. Vom Italiener einmal Pizza Paracetamole und Grippatoni al Fonso, bitte! Und von der Theke einen hochprozentigen Hustenschnaps und ein Staropramen Forte, das klingt ohnehin schon zulassungspflichtig. Jetzt heißt es noch einen Weg finden, den Fiebersaft von Junior in Gummibärchenform zu bringen . . .

Das Konzept schlägt bestimmt ein wie Bombe. Ich muss das Zeug dann online verkaufen, bei Dawanda oder Ebay. Ich werde reich sein, reich und gesund! Oder bin ich schon im Wahn? Ist die Konkurrenz durch die antibiotische Hühnersuppe aus der Dose zu groß? Bestimmt darf man das gar nicht, Medikamente in Nahrungsmittel mischen. Außer eben man tut es prophylaktisch in der Massentierhaltung. Ich müsste also einen Schwarzmarkt aufziehen, ein geheimes Syndikat gründen, aus mir und den anderen Eltern der Kita, die die Nase voll haben vom Schleim.

Wir würden zum Beispiel im Keller einer der Mitverschwörer eine Waschmaschine umbauen, um damit den Hustenschnaps zu brennen. Und im Einkochautomaten von Oma Elsa machen wir Marmelade: Erdbeer-Ibuprofen und Pflaume-ACC-Akut.

Dann kümmern wir uns um den Vertrieb. Wir bringen das Junkpharmafood unter die Leute, auf perfidem Weg. Am besten nennen wir es Tupper-Abend und verkaufen schon gefüllte Plastikschüsseln und Dosen. Oder wir geben einen Kurs an der VHS: „Kreativ Kochen mit Dr. Dope“. Da rühren sich die Teilnehmer unter Aufsicht selbst ihr Medizinmenü zusammen und gehen anschließend mit allerhand „Rezepten“ nach Hause.

Kochbücher werden wir verlegen, eine eigene TV-Show werden wir haben! Das wird toll. Aber jetzt muss ich mich erst mal um mich selbst kümmern. Wo habe ich nur meine Pillen?

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Wahrheit-Autor, Jahrgang 1981. Seit 2008 taz-Autor und seit 2009 „ständige Vertretung“ im Ressort Wahrheit. Spezialgebiete: Blasphemie, Schmähkritik sowie satirische Seitenhiebe aller Art.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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