Die Wahrheit: Dinner mit Obama

Tagebuch einer New-York-Heimkehrerin: Wer taucht im Restaurant auf, in dem man gerade sitzt? Mister President höchstpersönlich!

Einmal im Jahr Ende September hält die Generalversammlung der „United Nations“ New York im Würgegriff. Ein bei seinen Einwohnern wenig beliebtes Ritual, das es sämtlichen Oberhäuptern und Delegierten der 193 Mitgliedstaaten erlaubt, das öffentliche Leben zugunsten stundenlanger Redegefechte, Gesangseinlagen oder Wutanfälle – unvergessen Chruschtschow, der mit seinem Schuh auf das Pult eindrosch – zu einer kreischenden Vollbremsung zu bringen. Verkehrspolitische Konzepte für die von Diplomatenkonvois verstopften Straßen waren bei der Erfindung dieser Begegnungswoche großzügig vernachlässigt worden.

Genau zu diesem Zeitpunkt besuche ich meine ehemalige Heimat. Zur Einstimmung stehen wir im Stau auf dem New Jersey Turnpike. Nach Ansicht der New Yorker erhielt der Highway seine Daseinberechtigung ohnehin erst durch den Film „Being John Malkovich“, in dem Menschen durch einen Geheimgang in Malkovichs Kopf gelangen und von dort aus direkt an den Autobahnrand bei Hoboken katapultiert werden. Damals wie heute ein absolut nachvollziehbarer Vorgang.

Nach glücklicher Ankunft in Manhattan gönnen wir uns ein formidables Mahl in einem hochgelobten Restaurant, für das ich vor langer Zeit unermüdlich am Telefon eine Reservierung erkämpft hatte. Andächtig kauen wir vor uns hin, als sich vom Eingang her Unruhe in Form von Applaus ausbreitet. Nun ist der New Yorker nicht gerade dafür bekannt, sich von irgendjemandem beeindrucken zu lassen, wer also – außer allenfalls Derek Jeter von den Yankees – könnte solch eine Reaktion hervorrufen?

Während wir noch rätseln, bewegt sich eine Wand aus dunkel gekleideten Männern auf uns zu, aus deren Mitte ein unverwechselbares Obama-Lächeln grüßt, bevor es in einem separaten Raum verschwindet. Wow! Nebenan sitzt mein Nochpräsident, der sein Bestes gegeben und gegen enormen Widerstand einiges erreicht hat, zum Lachen nicht in den Keller geht und gern gut isst! Wehmut stellt sich ein.

Vor acht Jahren standen wir in einer Harlemer Kneipe und brüllten euphorisch „Hey, hey, hey, goodbye!“, während im Fernsehen der Helikopter mit Dabbelju vor dem Weißen Haus gen Texas abhob. Was immer diesmal geschieht, es wird es ein trauriges „I’ll be missing you“.

Nach dem Essen erwartet uns draußen ein Heer verkabelter Sicherheitsbeamter und das halbe New York City Police Department. Auf den Treppen der Brownstones kämpft die Nachbarschaft um die Pole Position. Wir hatten definitiv das sicherste Dinner unseres Lebens.

Ein paar Tage später erliegen wir Hillies Charme, bei einer Freundin auf dem Schoß eingerollt, lässt sie sich ihre flauschigen Öhrchen kraulen. Der Bruder der Freundin, ein nach ihren Worten „gruseliger Republikaner“ und Trump-Wähler, löschte, nachdem er von Hillies Namenspatin erfuhr, sofort sämtliche Fotos von ihr auf seiner Facebook-Seite. Offenbar kann man sogar Dackelwelpen hassen, wenn sie Hillary heißen.

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kari

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