Die Wahrheit: Vom Futur zwei zum Plusquamperfekt

Die CSU steht bei der Bayernwahl womöglich vor einer krachenden Niederlage. Ist daran ursächlich der urzeitliche Ichthyostega schuld?

Während die CSU-Wahlkämpfer in Bayern noch eifrig von Bierfass zu Bierfass eilen, um mit „den Menschen“, die darin herumdümpeln, zu sprechen, nutzen sie die langweilige Routinepflicht schon mal, um darüber zu streiten, warum sie am Ende die Wahl vergeigt haben werden. Was den drögen politischen Diskurs der Gegenwart immerhin um das Futur II bereichert.

Die Frage ist knifflig: Wenn Söder und Seehofer beide mit Verve und Geburtstagsabschiebungen einen unerbittlichen AfD-Ähnlichkeitswettbewerb austragen, an dessen Ende nur die AfD und die Grünen gewonnen haben werden, wer trägt dann Schuld am miesen CSU-Ergebnis? Klare Sache: diese verdammten Migranten!

Kein Thema bewegt die bayerischen Wähler mehr als die „Mutter aller Probleme“, weshalb sie ihrer Besorgnis dadurch Ausdruck verleihen, ein paar Kriminelle durch Chemnitz und Dresden marschieren zu lassen. Eine machtvolle Demonstration des bayerischen Wählerzorns über die wahren Probleme im Lande, während die 20.000 Protestierenden, die jüngst in München gegen den Rechtsruck auf die Straße gingen, nur irgendwelche Chaoten waren, die böser Stimmungsmache aufgesessen sind.

Die Richtung stimmt also in jedem Fall, aber allmählich dämmert auch der CSU-Führung, dass sie bei ihrem monothematischen Wahlkampf nicht weit genug gedacht hat, weshalb der Ehrenvorsitzende Stoi­ber nun das Thema Migration etwas weiter denkt und zu dem Schluss kommt, dass die nach Bayern eingewanderten Deutschen aus anderen Bundesländern schuld sind, wenn die CSU am Wahlabend schlecht abgeschnitten haben wird.

Aber fingen die Probleme nicht in Wirklichkeit bereits damit an, dass heimatlose Kelten einst in den schönen Landstrich südlich der Donau einwanderten? Um dann hemmungslos und bar jeder christlichen Moral mit den von Norden migrierten Germanen herumzupimpern? Ist nicht die Völkerwanderung die eigentliche Mutter aller CSU-Probleme? Oder sind es doch eher jene afrikanischen Flüchtlinge, die einst aus dem Afrikanischen Grabenbruch ausgewandert sind? Und wären die noch früheren Afrikaner in ihrer Savanne damals nicht vom Baum heruntergestiegen, müsste Andreas Scheuer sich heute nicht mit dem elenden Diesel-Kompromiss herumärgern.

Womöglich war es aber auch schon ein Fehler, dass der Ichthyostega einst beschlossen hatte, im späten Devon aus dem Wasser zu kriechen – wie viele Menschen wären von migrantischen Messern verschont geblieben, wenn damals schon ein beherzter Innenminister die ungesteuerte Masseneinwanderung aus dem Urmeer gestoppt hätte?

Aus und vorbei. Am Ende wird die absolute Mehrheit der CSU verloren gegangen sein. Aber wenigstens Markus Söder verzagt nicht vollständig. Er denkt die Migrationsfrage derzeit schon wieder ganz neu – und bastelt deshalb eifrig an der bayerischen Weltraummission. Gute Reise!

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Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

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kari

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