Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Hitler geht immer, Berlusconi macht die Urlaubsvertretung von Hoeneß, die EU behandelt die Netzneutralität wie das Gesundheitssystem.

Ach komm, Klopp. Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Bayern blamiert sich mit C-Mannschaft.

Und was wird besser in dieser?

CSU fragt: Was ist daran neu ?

Schon wieder ein Hitler-Vergleich, diesmal von Finanzminister Schäuble gegen Putin. Darauf das obligatorische Zurückrudern. Warum lässt man es nicht gleich sein mit Hitler?

Weil Schäuble-Vergleiche nicht so reinhauen. Als Innenminister drückte er den Anschluss der DDR über den Beitritt einzelner Länder durch. Statt nach Artikel 146 des GG „nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands“ eine neue Verfassung „in freier Entscheidung“ beschließen zu lassen. In dem Punkt kann man Schäubles damaliges Vorgehen mit dem Putins auf der Krim vergleichen. Und, wie bei allen Vergleichen, zu dem Ergebnis kommen, dass es Unterschiede gibt. Etwa auch: „Putins Vorgehen unterscheidet sich von dem Schäubles.“ Oder Hitlers.

Die Union liegt bei Umfragen zur Europawahl vorne, genauso wie zur Bundestagswahl. Kann sie nicht einfach zum Wahlsieger ernannt werden und wir ersparen uns den Wahlkampf und der Umwelt die Plakate?

Die Union will ihren EVP-Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker ausdrücklich nicht plakatieren. Er ist wegen beharrlichen Europäertums bei Merkel in Ungnade gefallen, und jede Stimme für Juncker wirkt hinderlich für Merkels Politik. CDU/CSU können fürchten, sich arm zu siegen, sie plakatieren verdrossen ihren hannöverschen Edelreservisten McAllister. „Merkel ärgern – CDU wählen“ wäre ein hübscher Claim. Zudem wird sich mangels Prozenthürde die AfD im Parlament festbeißen – und die FDP im Nichts. Sozi Schulz und der Konservative Juncker wollen hinterher Kommissionspräsident werden – was das EU-Parlament sacht aufwerten würde. Kurz : Es war schon langweiliger.

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi darf bei der Europawahl nicht kandidieren. Nun streiten seine Kinder vorsorglich um das Erbe. Können wir dem armen Mann einen Posten in Deutschland anbieten?

„Erbe“ ist ein heikler Begriff bei einem Konstrukt, von dem niemand weiß, ob die Summe der verbauten Ersatzteile nicht nach seinem Tod alleine noch ein paar Jahre weitermachen. „Alle wollen mein Erbe, doch ich bin nicht tot“, sagt … Berlusconi? Sein Haarteil? Sein deutscher Geschäftspartner Leo Kirch hat immerhin aus dem Sarg die Deutsche Bank besiegt. Bliebe die Urlaubsvertretung von Hoeneß.

Apropos neuer Posten: Im ZDF wird die Stelle von „Wetten, dass . . ?“ frei. Markus Lanz hat keine Lust mehr. Und nun ?

Alles gut. Wegen der Show sitzt jemand für den Rest seines Lebens im Rollstuhl, deshalb war es okay, noch ein bisschen und zunehmend ratlos eine Thingstätte der Harmlosigkeit zu beheizen. Moderne Shows kalkulieren Blamagen bis an der Rand der Körperverletzung als Ziel ein, nicht als Unfall. Wenn sie es jetzt nicht noch dreimal elektroschocken, hat es die Chance, eine nette Erinnerung zu werden und eine DNA-Probe der untergegangenen Gemütlichkeitsrepublik.

Alle sprachen diese Woche über Netzneutralität. Die Daten im Internet sollen durch den EU-Beschluss gleich behandelt werden. Warum? Das Gesundheitssystem funktioniert doch auch über die Zwei-Klassen-Teilung.

Oder eben deswegen so schlecht: Die einen haben Geld und Arzt, die anderen Kasse und Wartezimmer. Das ähnelt tatsächlich dem EU-Verständnis von „Netzneutralität“: Vorzugsdienste sollen viel, schnell, teuer bieten – damit die anderen alle gleich langsam und unsicher surfen. Und um beides unterscheiden zu können, scannen die Unternehmen die Datenpakete. Kurz: Der Briefträger schmökert in der Post, um je nach Inhalt das Porto festzusetzen.

Welche Frage würden Sie Jürgen Klopp am liebsten stellen?

Ach komm. Jeder sah, wie bitter Lewandowski fehlte; niemand zweifelte, dass der BVB schon im Hinspiel fast alles vergeigt hatte. Das sprach der ZDF-Moderator etwas flegeloid an. Und wenn er das nicht getan hätte, wäre er genau dafür hingerichtet worden. Das war ein Nullereignis. Man hat sich an den höfischen Untertanengeist im Sportjournalismus schon gewöhnt. Was ZDF-Breyer mit Klopp verzapft hat, gereichte ZDF-Slomka bei Gabriel zur Heiligsprechung. Frage an Klopp: Wünschen Sie sich Spieler, die so devot und initiativlos agieren, wie Sie es von Journalisten erwarten?

Und was machen die Borussen?

Ich hab Karten für das Rückspiel gegen Real. Eigentlich müssten sie jetzt teurer werden, denn wann hat man schon mal Eintrittskarten für ein mögliches Wunder?

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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