Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die Junge Union macht virales Marketing, die Doktorarbeit ist die Taxilizenz der Besserverdienenden, und der Grat von Katze zu Kotze ist schmal.

Das Möbelhaus hat alle nicht verkauften Hitlertassen zerstört und kann nun mit „Wir haben nicht mehr alle Tassen im Schrank“ werben. Bild: ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Absolute Über-PR für das neue Album von Jan Delay. Außer Klorollen alles mit Interviews bedruckt.

Und was wird besser in dieser?

Die ganz Hartgesottenen hören es trotzdem noch.

Die Uni Lübeck verleiht der ehemaligen Bundesbildungsministerin Annette Schavan den Ehrendoktor. Der neue Titel für alle, die abschreiben?

Nebenan in Rostock soll Edward Snowden Ehrendoktor werden. Drüben im Westen behält Staatssekretär Eumann seinen Doktor, obgleich er eine aufgehübschte Version seines Magistertextes ablieferte. Großes Rumdoktern diese Woche. Ab und an erwische ich einen Taxifahrer der Kategorie „Du sagge, isch farre!“ und freue mich, dass die Doktorarbeit so etwas wie die Taxilizenz des Besserverdienenden geworden ist. Blöd für Schavan: Im Auswärtigen Amt ist Hochschulabschluss Pflicht, ohne den kann sie nicht Botschafterin im Vatikan werden wie geplant. Höchstens Außenminister; dafür reicht, seit Fischer, ein Taxischein.

Nach der Auflösung des Flüchtlingscamps auf dem Oranienplatz hat die Junge Union Innensenator Henkel ein Plakat mit der Aufschrift „Danke, Frank!“ gewidmet. Ihre Botschaft an die JU?

Das Bild inspirierte so viele schöne Mash-ups („Danke, Frank Elstner“), dass man der JU zu genialem viralem Marketing gratulieren würde. Wenn man es ihr zutraute.

Im Streit über den Lehrplan in Baden-Württemberg wird wohl bald das Wörtchen „sexuell“ vor dem Wort „Vielfalt“ fehlen. Ein Spitzenkompromiss, oder?

„Darf ich dich etwas stärker einbetten“ wird Anmachspruch des Jahres. Die rot-grüne Landesregierung lernt Toleranz gegenüber sexueller Einfalt. „Christliches Normficken ist aber auch okay“ würde sich im Lehrplan nicht so dolle machen. Man kann kaum alles einzeln regeln und lobend erwähnen, was Lobbys wünschen und Pressure Groups fordern. So wird das Thema „eingebettet“ und entsprechend schwammig. Sex mit Schwämmen! Das geht zu weit. Sind doch Tiere.

Griechenland „erhält Milliarden vom Kapitalmarkt“. Was für ein Typ ist das eigentlich, dieser Kapitalmarkt, der ständig Geld gibt und wieder wegnimmt?

Ein Dealer halt. Anfixen, aushungern lassen, Preise erhöhen. In der Perspektive ist „Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit“ das Gleiche wie „Junkies reparieren, damit sie wieder schießen können“. Das größte Hemmnis auf dem Weg zum cleanen Leben sind strenge Autoritäten, die Substitution und Mitverantwortung ablehnen.

Damit ist die Eurokrise ja nun offiziell beendet. Ist das gut oder schlecht für Schäuble, Merkel und Co.?

Merkel wird nicht – wie Kohl oder gar Adenauer – ihren Anhängern als „große Europäerin“ in Erinnerung bleiben. Sie hat bemerkenswerte Nervenstärke bewiesen, um ihr oberstes Handlungsprinzip – kompetentes Nichtstun – gegen alle Aufregungen durchzuziehen. Das ist mehr als nichts und weniger als gestaltende Politik. Deutschland geht aus dieser Epoche reicher, unsympathischer und nationalistischer hervor. Und eine andere Bundesregierung wird später die europäischen Hausaufgaben machen müssen.

Der Buchautor Akif Pirincci pöbelt in „Deutschland von Sinnen“ gegen „aggressive Lesben“ und „Zuwanderer“. Woher kommt all die Wut der eigentlich gut Situierten?

Ich sage nur: Katzenkrimis. Unterschätzte Gattung. Der schmale Grat von Katze zu Kotze und so. Wie auch Lewiratschoff, die erst pöbelt und nun katzenkrimit. Ich plädiere für eine strenge Zulassungsprüfung für Katzenkrimiautoren unter der Leitung von Elke Heidenreich.

Ein Möbelhaus in Nordrhein-Westfalen hat aus Versehen Tassen mit dem Konterfei von Adolf Hitler verkauft. Alle Tassen, die bisher nicht über den Ladentisch gegangen sind, wurden zerstört. Hätte man keine bessere Verwendung finden können?

Das Möbelhaus kann nun mit „Wir haben nicht mehr alle Tassen im Schrank“ werben. Vielleicht hatte Schäuble ein 5.000-teiliges Service für den nächsten Gipfel mit Putin geordert, und die landeten dann in Unna. Das „Haus der Geschichte“ in Bonn möchte eine für die Sammlung, könnte teuer werden.

Und was machen die Borussen?

Real Madrid weghauen, Bayern demütigen, alles brotlose Kunst. Entscheidend ist – das Spiel gegen Wolfsburg. Haha! Ich habe mich für diesen Satz als Matthias Sammer verkleidet! Reingefallen!! Es war wie wieder in die gleiche Frau verlieben, schlimmer denn je.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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