Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der Papst fliegt aus der CSU, Palmer setzt Vorzugssprit für Ponyhöfe durch und Aufklärung ist der beste Verfassungsschutz.

Boris Palmer mit grünem Fahrradhelm

„Ich tank mir die Welt, wie sie mir gefällt“: Boris Palmer. Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Ich denke in letzter Zeit verdächtig oft Sätze wie „Wir haben euch nicht gerufen … Hier gelten unsere Werte … Wieso soll ich euch mitfinanzieren?“, wenn ich die Brandstifter und Hassgröler im Osten sehe.

Was wird besser in dieser?

Ich gründe den „Gesprächskreis Heimatvertriebene der alten Bundesrepublik“.

Auf seiner Mexikoreise findet der Papst klare Worte: „Ein Mensch, der nur daran denkt, Mauern zu bauen und nicht Brücken, der ist nicht christlich.“ Darf Horst Seehofer jetzt noch zur Kommunion?

Ich habe zwei Brücken im Unterkiefer, und meine Zahnärztin ist aber eh heilig. Hübsch ist besonders Franziskus’Gebetsruf, er „will sich nicht in Politik einmischen“, bevor er dann Donald Trump exkommunizierte. Der hat ja nun auch mit Politik nichts zu tun. Der Papst hat im Nebensatz auch Verhütung für „einen zulässigen Ausnahmefall“ erklärt, wenn es etwa um den Schutz vor Krankheiten wie das Zikavirus gehe. Der fliegt eh bald aus der CSU.

Mit Sascha W. ist erneut ein möglicher Zeuge des Mordes an der Polizistin Kiesewetter gestorben. Der NSU-Experte Hajo Funke sagte dazu in der taz: „So viele Tote aus Selbstmordgründen? Da stimmt was nicht.“ Alles nur Theorie oder Grund für weitere Antiverschwörungsrecherchen?

Ach Mist, ich wollte eigentlich eine schöne Verschwörungstheorie zum NSA-Ausschuss verbreiten. Da ging der erste Vorsitzende nach sechs Tagen, sein Nachfolger hatte plötzlich ein irrlichterndes Verfahren wegen Körperverletzung am Hals, ein Obmann sah sich vom BND kompromittiert und ein stellvertretender Leiter merkte, dass es ganz viel Arbeit sei, und trat auch zurück. Vom A zum U: Der nun verstorbene NSU-Zeuge Sascha W. wird obduziert, nachdem die Staatsanwaltschaft „keine natürliche Todesursache“ hatte erkennen können. Zuvor starben Zeugen an überraschender Lungenembolie, übersehener Zuckerkrankheit, fackelten sich samt Auto oder einfach so ab. Wer daraus eine „Handschrift“ zu lesen vermag, der werfe die erste Verschwörungstheorie. Dagegen bewegt man sich noch auf sicherem Terrain, fragt man: Hallo, Staat, Zeugenschutz? Und: Was ist die Signalwirkung dieser Todesfälle an Leute aus dem Milieu, die überlegen, ob sie eine Zeugenaussage beizutragen hätten? Beide Themen – NSA, NSU – verbindet die fatale Tendenz, jedem Irren die Vorlagen in den Strafraum zu löffeln. Hier ist Aufklärung der beste Verfassungsschutz.

„Sobald die Grünen die größten Erdöl­reserven der Welt haben, wird Kretschmann mit der Union über den Bundesrat Rabatte für grün lackierte Autos ­ausmachen“

In Venezuela soll Benzin künftig 60-mal so viel kosten wie bisher. Wann ziehen die deutschen Grünen nach?

Sobald die Grünen die größten Erdölreserven der Welt haben. Kretschmann wird dann mit der Union über den Bundesrat Rabatte für grün lackierte Autos ausmachen, Palmer setzt Vorzugssprit für Ponyhöfe durch (“Ich tank mir die Welt, wie sie mir gefällt“). Venezuela dagegen ertrinkt gerade in seinem billigen Sprit, weil er im Lande knapp überm Wasserpreis gehandelt wird und außerhalb ruinöser Preiskampf herrscht. Das spräche eher für eine grüne Regierung in Venezuela, die die Preise anhebt. Na ja, haben sie ja schon. Die regierenden Sozialisten riskieren mit dem Schritt bürgerkriegsähnliche Lagen wie beim letzten Versuch 1989.

Daniel Wilms vom CDU-Ortsvorstand Koblenz beleidigt SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer wegen ihrer Behinderung. Die SPD würde über die „Behinderten-Mitleidsschiene“ Wahlkampf machen. Was läuft schief bei dem Mann?

CDU leitet Parteiausschluss ein und Wilms hat eindrücklich klargemacht, was Leute denken, die für die private Krankenversicherung arbeiten.

Der Linke-Politiker Diether Dehm beschäftigt seit Jahren den Ex-RAF-Terroristen Christian Klar für die Gestaltung seiner Website. Einen Bundestagshausausweis wird ihm aber verweigert. Verständlich?

Gerade die Bild hat gegenüber RAF-Mitgliedern stets „die volle Härte des Rechtsstaates“ gefordert. Das hat sie nun davon. Strafe verbüßt, Ziel ist: Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Ob ein Hausausweis Klar bei seinem digitalen Job als Webdesigner Dehms hülfe, steht dahin. „Abgeordnetenwatch“ hat just erzwungen, dass die Lobbyisten von Rüstungsindustrie, Autokonzernen, Versicherungen und Banken künftig ihre Hausausweise nicht mehr heimlich von den Fraktionen zugesteckt bekommen. Bitten wir Klar um Verständnis, dass er keinen bekommt – und viele aktive Verbrecher auch nicht.

Und was machen die Borussen?

Ich zieh meine Aubameyang-Federboa an und guck das Leverkusen-Spiel.

FRAGEN: VIV, AW

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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