Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Mesut Özil ist an allem schuld, die CSU will den Asylstreit bis zur Landtagswahl durchziehen und künstliche Intelligenz ist fast so doof wie menschliche.

Zwei Ohren hängen nebeneinander, die eine zeigt 3 Uhr, die andere 2 Uhr

Ende, aus, Mickymaus? Die EU-Kommission hat eine Befragung gestartet, ob die Zeitumstellung beibehalten werden soll Foto: imago/Levine-Roberts

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Weiß nicht, aber wenn, dann liegt es vermutlich an Mesut Özil.

Und was wird besser in dieser?

Neuer Weltmeister, eindeutig ohne Özil, da sieht man es doch!

Der Bundestag hat einen Haushalt mit 13 Milliarden Euro Mehrausgaben beschlossen, vor allem wird in Familien und die Bundeswehr investiert. Kinder kriegen in Afghanistan lohnt sich jetzt also mehr denn je?

Zu verführerisch, wenn Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Videobotschaft beteuert: „Es geht jetzt um Ausrüstung, nicht um Aufrüstung“, das Gegenteil herauszuhören. Deutschland hat, wie alle Nato-Mitglieder, versprochen, bis 2024 seine Militärausgaben auf 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hochzupumpen. Da waren sie mal, und dass sie heute bei 1,24 Prozent liegen, hieß bis neulich „Friedensdividende“. „Einstimmiger Beschluss“ ist ein hübscher Trick, einen Oktroy auf freien Willen umzuschminken: Am Mittwoch schaut Donald Trump bei dem vorbei, was er wie befehlsgebundene Vasallen behandelt, der Nato halt. Und er wird Merkel wieder rüffeln, vielleicht mit den goldenen Worten; „Das ist nur Ausrüstung, nicht Aufrüstung!“

Der „Asylstreit“ zwischen Merkel und Seehofer wurde für beendet erklärt und als Einigung das Asylrecht weiter eingeschränkt. Aber was, wenn Sebastian Kurz und Viktor Orbán gar keine Rücknahmeabkommen mit Merkel und Seehofer schließen wollen?

Ha, beinahe wäre ich reingefallen und hätte geantwortet! Dabei geht’s CSU und Seehofer genau darum, das Thema bis zur Landtagswahl durchzuziehen, und die Konflikte mit den Nachbarn sind dabei Voraussetzung und einkalkuliert. Wir ändern jetzt lieber mal das Framing. Die „Transitzonen“ oder „Ankerzentren“ heißen hiermit „Tränenpalast“, das erinnert Deutsche an die seelische Not, die Heimat verlassen zu müssen. Die „Asylbewerber“ heißen nunmehr „Vertriebene“, die vor Hunger, Verfolgung oder Chancenlosigkeit fliehen. Dann schlagen wir noch kurz nach, dass es dieses Jahr rekordwenige „Rückreisepflichtige“ gibt, keine 20.000 bisher. Und schließlich fragen wir: Habt ihr keine anderen Sorgen? Und fordern von Seehofer die 1,5 Millionen neuen Wohnungen, die der Bauminister laut Koalitionsvertrag liefern muss. Fertig. Der Nächste bitte.

Das EU-Parlament hat erst einmal gegen die umstrittene Urheberrechtsreform gestimmt, jetzt muss im September weiter über „Uploadfilter“ und „Linksteuer“ diskutiert werden. Was ist Ihr Änderungsvorschlag?

Ein Uploadfilter würde, sagen wir mal, die „Mona Lisa“ erkennen und verhindern, dass sie hochgeladen wird. Dummerweise würde er auch jede Karikatur und Verfremdung erkennen und einen Demonstrationszug für Menschenrechte, der an einer Litfasssäule mit einem Mona-Lisa-Plakat vorbeiführt. Und sperren. Künstliche Intelligenz ist schon fast so doof wie menschliche. Dieser Werkschutz kann also ein Vielfaches an Zensur nach sich ziehen – schlechte Idee.

Die Linksteuer möchten Verleger kassieren, für Überschriften oder kurze Zitate, vor allem von Suchmaschinen. Den kompletten Text können sie durch das bestehende Urheberrecht schützen. Heißt also: Ein Angler wirft seine Rute in den Tümpel, und ob er etwas fängt oder nicht, er fordert vom Tümpelbesitzer eine Köderabnutzungsgebühr. Das taugt auch nichts. Beide Maßnahmen strangulierten Hobby-Homepages und Start-ups ebenso wie Monopolgiganten wie YouTube und Google. Die Großen fängt man mit besserem Kartellrecht und Datenschutz, die Kleinen lässt man laufen.

Derweil hat die Kommission eine Onlinebefragung aller EU-Bürger*innen darüber gestartet, ob die Umstellung auf Sommerzeit beibehalten werden soll. Kann Europa so viel direkte Demokratie gerade verkraften?

Die Türkei verzichtete 2016 auf die Umstellung auf Winterzeit, 2017 forderte es die FDP in den „Jamaika“-Gesprächen. Also das hat doch nun wirklich nichts mit Demokratie zu tun. Keine Angst.

Der Chef der US-Umweltbehörde, Scott Pruitt, seines Zeichens Klimawandelleugner, räumt wegen „nicht enden wollender Attacken“ auf seine Person den Posten. Gegen ihn laufen zwölf Untersuchungen, unter anderem wegen des Verdachts der Korruption. Verständlich, dass der Mann es satthat, nicht?

Pruitt hatte die Behörde dreizehnmal verklagt – bevor er ihr Chef wurde. Dort konzentrierte er sich auf seine Lobbypartner und Wahlkampfmäzene aus der Ölbranche. Die seien ja bei Obama vernachlässigt worden. „Wir warten auf ein paar Erwachsene hier“ zitiert der Guardian einen hochrangigen Mitarbeiter. Vermutlich zu Recht gönnte er sich einen schusssicheren Schreibtisch (70.000 US-Dollar) und eine Charterflugflatrate (100.000 US-Dollar). Pruitts Abgang jetzt erschüttert die These, dass Trumpisten nützt, was jedem anderen schadete.

Und was machen die Borussen?

„Dritte Liga, Marktwert 700.000 Euro, beim Viertliga-Aufsteiger Uerdingen“: aktueller Spielerpass von 2014er-­Nebenerwerbsweltmeister Kevin Großkreutz.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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