Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Markus Söder will das Wort „Asyltourismus“ nicht mehr nutzen, Ursula von der Leyen ist zufrieden und Donald Trump hat vielleicht Recht.

Zwei Frauen stehen und lachen

Beim vergangenen Nato-Gipfel in Brüssel: Verteidigungsministerin von der Leyen und Kanzlerin Merkel Foto: ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Eine Deutsche gewinnt Wimbledon, Flegel Trump schaut vorbei, England verliert das Trostspiel.

Und was wird besser in dieser?

Tut den Briten was Gutes!

Vor genau zwanzig Jahren wurde Fereshta Ludin, einer in Afghanistan geborenen, kopftuchtragenden Deutschen, die Einstellung in den Schuldienst in Baden-Württemberg verweigert. Sie klagte dagegen und stieß eine Debatte an, die bis heute – ja, was denn eigentlich? Unsere Gesellschaft vorangebracht hat?

Zurück in die Zukunft, und in keine rosige: Frau Ludin sieht in ihrem Kopftuch „heute mehr denn je eine spirituelle Dimension“, was im Sinne des Kruzifix-Urteils der sichere Weg aus dem Klassenzimmer ist. Ich mag keine uniformierten Offiziere oder Schwestern im Habit in staatlichen Schulen. Das Lehrpersonal repräsentiert den Staat. Und das Kopftuch, von dem Frau Ludin sagt, „ich nehme dadurch meine Äußerlichkeit bewusst zurück“, ist so lange eine sexuell neurotische Unverschämtheit, wie sie es – nur unter Frauen – nicht tragen müsste. Es ist Eltern nicht zuzumuten, ihren sechs- bis zehnjährigen Jungs zu erklären, dass die Lehrerin ein Befinden mit der Geschlechtlichkeit ausagiert, die Jungs in dem Alter noch gar nicht haben. Ja, es hat was vorangebracht – die Demontage des säkularen Staates und den CSU-Reflex, nun aber auch auf jedes Finanzamtsklo ein Kreuz zu dübeln.

„Die Zeit“ stellt in ihrer aktuellen Ausgabe unter dem Titel „Soll man es lassen?“ zur Diskussion, ob es „legitim“ sei, dass private Retter „Flüchtlinge und Migranten“ vor dem Ertrinken retten. Haben Sie sich das auch schon mal gefragt?

Beim Streit um diskriminierende Tafeln, ja. Soll man überhaupt Moderobst ausreichen an Arme? Obdachlosen etwas spenden, „das sie gleich wieder versaufen“? Bei Wohltätigkeitsgalas sich mit Spendenschecks adeln, die deutlich unter dem Wert der Colliers der Charity-Ladys rumpeinlichen? Sollte man, kurz, das Versagen des Sozialstaats kosmetisch wegschminken oder alles verelenden lassen und so Druck aufbauen, damit der Staat endlich handelt? Das ist eine politische Frage. Die Zeit hingegen überlässt es ihrem Publikum, die Frage als moralische zu lesen, und dafür muss man dumm sein oder ein Henker. Oder ein Oberstudienrat in Strapsen. Oder die Bild um ihre schwindende Auflage beneiden. Viel Erfolg!

„Ich habe Theresa May gesagt, wie sie es machen soll, aber sie hat nicht auf mich gehört“, lautete die Begrüßung von US-Präsident Donald Trump anlässlich seines Besuchs in Großbritannien. Jenseits des rüden Tons: Hat Trump, was den May ’schen Brexit angeht, vielleicht einfach recht?

Außenminister Johnson und Brexit-Minister Davis traten zurück, nachdem sie Trumps Weg zum harten Brexit den besseren genannt hatten. Darauf verwandelt Trump, er denke, „Johnson wäre ein großartiger Premierminister“. Kann man lustig finden, hieß früher Hochverrat. May will weitgehende Zollunion, Freihandelszone und mögliche Gesetzesangleichungen mit der EU. Das südlichste Norwegen, das es je gab – und dem müsste die komplette EU binnen weniger Wochen zustimmen. Trump will Zerstörung, sieht Europa als Gegner, sein Job ist erledigt, wenn der Gegner geschwächt ist. May: düstere Ahnung, Risiko minimieren. Johnson: volles Risiko, keine Ahnung.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bewertet den Nato-Gipfel positiv. Sie auch?

Unbedingt. Das 2-Prozent-Ziel kann die Bundesregierung unterlaufen, indem sie abwartet, ob Trump wiedergewählt wird, oder ob die Wirtschaftsleistung abnimmt, von der diese 2 Prozent berechnet werden sollen. Von der Leyen spielt also auf Zeit, und schon ist wieder ’ne Woche rum.

Wenn jemand stirbt, müssen Erben Zugang zu digitalen Profilen und Konten bekommen, entschied der BGH im Fall einer Mutter, die nicht auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter zugreifen konnte. Ein Nischenproblem?

Facebook steht weltweit unter Druck, weil es skrupellos Daten erschleicht und verscherbelt. Ein Prozess, in dem sich der Konzern als Flammenschwert-bewehrter Hüter der Daten aufspielen kann, mag da eine willkommene Imagekampagne sein. Tatsächlich wäre die sorgfältige Bearbeitung digitaler Nachlässe für Facebook mit viel Arbeit und Personalkosten verbunden. Deshalb bieten sie nur die Option, den Account Verstorbener einzufrieren oder auf Unsichtbar zu stellen. Fazit: schöner sterben mit Datentestament!

Bayerns Ministerpräsident Söder will das Wort „Asyltourismus“ nicht mehr verwenden. Ein Fall von übertriebener „Political Correctness“?

Nach jüngsten Umfragen ist in Bayern sogar Merkel beliebter als Söder. Bleibt’s bis zur Landtagswahl so, kann er seinen Plan knicken, gleich darauf Horst Seehofer mit ein paar netten Worten den direkten Weg vom Porzellanladen zum Elefantenfriedhof zu weisen.

Und was machen die Borussen?

Der Kroate Perišić, der Franzose Dembélé – „BVB dominiert WM-Finale“ bitte morgen früh als Aufmacher im Sport.

Fragen: AW

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