Diesel-Gipfel musste verlegt werden: Konzerne in die Flucht geschlagen

Das Treffen von Politik und Autoindustrie hat begonnen – aber im Innen- statt im Verkehrsministerium. Das wurde von Demonstranten belagert.

Greenpeace-Transparent am Verkehrsministerium

In Fort NOx sollte der Diesel-Gipfel dann lieber doch nicht stattfinden: ein Greenpeace-Transparent am Verkehrsministerium Foto: dpa

BERLIN taz | Um ihre Botschaften an die Teilnehmer des „Diesel-Gipfels“ loszuwerden, der heute im Bundesverkehrsministerium stattfinden sollte, hatten die Umweltverbände ordentlich etwas aufgefahren. Greenpeace-AktivistInnen hatten schon um fünf Uhr morgens das Dach des Gebäudes erklommen und von dort ein riesiges Transparent an der Fassade herabgelassen: „Willkommen in Fort NOx“ war darauf zu lesen. Um die Reduzierung der giftigen Stickoxide, die mit diesem Kürzel bezeichnet werden, soll es beim Gipfel gehen. „Diese Runde verteidigt den Diesel wie das Gold in Fort Knox“, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die Politik mit erfolgreichen Klagen gegen die überhöhten Stickoxidwerte zum Handeln gezwungen hat, hatte ein riesiges, aufblasbares Auto mitgebracht, vor dem Geschäftsführer Jürgen Resch ein Interview nach dem anderen gab. Der alternative Verkehrsclub Deutschland (VCD) hatte ein Lastenfahrrad und viele Transparente dabei, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) blockierte mit einer Fahrraddemo im Schneckentempo den Haupteingang zum Gebäude.

Die Teilnehmer des Diesel-Gipfels – Vertreter von Bundesregierung, Landesregierungen, Kommunen und Autokonzernen – bekamen davon aber nicht viel zu sehen. Der Gipfel wurde kurzfristig ins Innenministerium verlegt – aus „Sicherheitsgründen“, wie es aus Kreisen der Veranstalter hieß. Worin diese bestanden, wurde nicht näher ausgeführt.

Die Aktivisten haben eine andere Erklärung für die Verlegung. „Sie trauen sich nicht mal, an unserem Protest vorbeizufahren und ihr Gesicht zu zeigen“, sagte Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD. „Das ist ein weiterer Beleg für die intransparente und undemokratische Kungelei zwischen Konzernen und Politik.“ Umwelt- und Verbraucherverbände waren zum Gipfel, der von Verkehrs- und Umweltministerium gemeinsam veranstaltet wird, nicht eingeladen worden.

Nur Software-Updates geplant

Inhaltlich erwarten die Umweltverbände vom Gipfel nicht viel. Aus einem Entwurf der Abschlusserklärung, die am Dienstag in Berlin kursierte und auch der taz vorlag, geht hervor, dass die Autoindustrie zunächst nur zu einem Update der Software an den Diesel-Fahrzeugen mit überhöhten Stickoxid-Werten verpflichtet werden sollen. „Das bringt viel zu wenig, um das Problem zu lösen“, sagt DUH-Chef Jürgen Resch. Umweltverbände – und auch der ADAC – fordern stattdessen Änderungen an den Motoren selbst, was weitaus wirksamer, aber auch wesentlich teurer ist.

Auch die Grünen sind unzufrieden mit dem Entwurf. „Wirkliche Verpflichtungen der Autoindustrie zur Umrüstung finden sich genauso wenig wie wirksame Kontrollen“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer der taz. „Irgendwelche ernsthaften Konsequenzen für die Trickser und Betrüger des Autokartells sucht man vergebens.“

Daneben wird der Gipfel voraussichtlich einen neuen Fonds zur Finanzierung von Maßnahmen in Städten mit besonders dreckiger Luft beschließen, der von Regierung und Konzernen gemeinsam finanziert wird. Die „Blaue Plakette“, mit der Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge leichter umgesetzt werden könnten, oder erleichterte Klagemöglichkeiten für Verbraucher finden sich im Entwurf nicht.

Bis zum Beginn des Gipfels um 11.30 Uhr hatten es einige Demonstranten noch bis zum Innenministerium geschafft und ihre Transparente dort wieder ausgerollt. Zu sehen bekamen die Teilnehmer sie aber trotzdem nicht: Sie nutzten einen Hintereingang des Gebäudes und nutzten mit ihren Limousinen dabei teils Schleichwege durch Grünanlagen.

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