Diskussion um Spielunterbrechung: Das bisschen Krawall

Der Leverkusener Trainer Schmidt widersetzte sich der Anweisung des Schiedsrichters und sorgte so für einen Eklat. War das wirklich so schlimm?

Ein Mann läuft schimpfend auf einen anderen Mann zu.

Hatte reichlich Diskussionsbedarf: Leverkusens Trainer Roger Schmidt Foto: ap

Roger Schmidt ist ein anständiger Mensch. Auf der Pressekonferenz nach dem sogenannten Spitzenspiel zwischen Borussia Dortmund und seinen Leverkusenern gab er reumütig zu: „Ich war zu stur gewesen“ und „Ich habe meiner Mannschaft geschadet“.

Dabei hatten die Zuschauer und Beteiligten in der BayArena etwa eine Stunde zuvor noch einen ganz anderen Roger Schmidt erlebt. Der Trainer hat sich furchtbar über eine vermeintliche Fehlentscheidung von Schiedsrichter Felix Zwayer aufgeregt, in dessen Folge sein Team in Rückstand geriet. Er redete sich derart in Rage, dass ihn Zwayer auf die Tribüne verwies – zunächst per Geste aus einiger Entfernung, später ließ er selbige Botschaft noch einmal über den vierten Offiziellen und Leverkusens Kapitän Stefan Kießling ausrichten.

Doch Schmidt weigerte sich. Er wollte sich die Gründe für die Verbannung noch einmal persönlich von Zwayer erklären lassen. Der sah keinen anderen Ausweg, als die Spieler vorübergehend in die Kabinen zu schicken. Erst nach neun Minuten und ohne Roger Schmidt am Spielfeldrand ging die Partie weiter.

Schon öfter sind Spiele im Profifußball unterbrochen worden. Meistens waren den Platz stürmende, Gegenstände werfende oder mit Pyrotechnik zündelnde Fans der Auslöser dafür. Dass ein Trainer eine Zwangspause auslöst, mag ein Novum sein – eine neue Eskalationsstufe oder ein weiterer Beweis für die vermeintlich wachsende Respektlosigkeit gegenüber Schiedsrichtern ist es nicht. Vielmehr ist es scheinheilig, zu diskutieren, ob Reaktionen wie die von Schmidt mitverantwortlich sind für Übergriffe gegen Schiedsrichter in Amateurligen. Er hat niemanden unangemessen angepöbelt und ist nicht handgreiflich geworden. Er hat nur ein kleines bisschen Chaos gestiftet.

Schlussendlich muss man ihm sogar dankbar sein, dass er einem ansonsten zähen und von Taktik geprägten Spiel zu seinem wohlverdienten Aufreger verholfen hat.

Der Bundesliga gehen die Krawalltrainer aus

Der gepflegte Eklat ist zuletzt selten geworden in der Bundesliga. Ein umstrittener Elfmeter hier, ein Platzverweis da, aber alles in allem Dienst nach Vorschrift. Stattdessen musste vor einer Woche eine kreative Elfmetervariante von Barcelonas Lionel Messi als Diskussionsstoff herhalten. Der Bundesliga selbst sind nach dem Abgang von Jürgen Klopp die Krawalltrainer ausgegangen. Eben jene, die Schmidt nun mangelnden Respekt vorwerfen, schauen jedes Wochenende sehnsüchtig nach Liverpool, wo „Kloppo“ mittlerweile seinen ekstatischen Jubel und seine grantigen Pressekonferenzen zelebriert.

Schmidt verhilft der aussterbenden Spezies zu neuem Leben. Und er hat das getan, was wir sonst im Alltag so oft einfordern: Er hat hinterfragt.

Klar, der Schiedsrichter ist der Chef. Ihm Parteilichkeit zu unterstellen, wie Leverkusens Sportdirektor Völler und auch Schmidt dies im Anschluss taten, ist grob unsportlich. Zwayer hat sich an die Regeln gehalten. Dennoch: Angesichts der Folgen, die seine Entscheidung hatte, wäre es taktvoll gewesen, noch einmal persönlich mit Schmidt zu sprechen. So hätte er Stärke zeigen und deeskalierend wirken können. Zwayers Kollege Knut Kircher hat in der Vorsaison ein Lehrstück in Autorität abgeliefert, als er wütend heranstürmende Spieler mit einem strengen Blick an sich abprallen ließ und damit klarstellte: So nicht, Jungs!

Für Schmidt, den Widerborstigen, hat der Vorfall möglicherweise noch ein Nachspiel vor dem Sportgericht. Man möge Gnade walten lassen.

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