Ditib-Imame als Spitzel: Namenslisten aus Deutschland

Listen mit Namen von vermeintlichen Gülen-Anhängern sind nach Ankara geschickt worden. Absender sollen Imame des Islamverbands Ditib gewesen sein.

Tauben fliegen am 13.12.2013 in Köln (Nordrhein-Westfalen) über die Zentralmoschee, in der Nähe der Zentrale der türkisch-islamischen Union (Ditib).

Die Zentralmoschee in der Nähe der Zentrale der türkisch-islamischen Union (Ditib) Foto: dpa

KÖLN dpa | Die Ditib als größter Islamverband in Deutschland gerät in der Affäre um Spitzelvorwürfe gegen ihre Imame weiter unter Druck. Dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz liegen Berichte der Religionsattachés der türkischen Generalkonsulate in Köln, Düsseldorf und München an die türkische Religionsbehörde Diyanet (Ankara) vor, in denen Namen von angeblichen Gülen-Anhängern aufgelistet werden. Das sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Innenministeriums auf Anfrage. Die drei Listen umfassten insgesamt 28 Personennamen und elf Institutionen. Der Kölner Stadt-Anzeiger hatte zuerst berichtet.

Der Zeitung zufolge sollen Ditib-Imame die Listen erstellt haben. Es seien auch fünf Lehrer aus NRW aufgeführt. Die Türkisch-Islamische Anstalt für Religion (Ditib) hatte jüngst eingeräumt, „fälscherweise“ seien einzelne Ditib-Imame einer Aufforderung der Diyanet gefolgt. Sie hätten Informationen über Anhänger des Predigers Fethullah Gülen nach Ankara geschickt. Gülen gilt dort als Staatsfeind, seine Anhänger werden in der Türkei rigoros verfolgt.

Der Ministeriumssprecher sagte: „Die betroffenen Personen sind – soweit sie anzutreffen waren – von den zuständigen Polizeibehörden in Gefährdeten-Ansprachen informiert worden.“ Man habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass sie bei der Planung möglicher Türkeireisen beachten sollten, dass sie in den Berichten als Gülen-Anhänger aufgeführt seien.

Diyanet hatte im September 2016 alle für Religion zuständigen Mitarbeiter türkischer Botschaften und Konsulate dazu aufgefordert, Berichte über die Gülen-Bewegung in ihrer Region zu verfassen. Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga hatte es als „Panne“ bezeichnet, dass auch einzelne Ditib-Imame dieser Anweisung gefolgt seien, die sich gar nicht an die Ditib gerichtet habe. Imame der Ditib werden allerdings von der Behörde Diyanet entsandt und bezahlt.

Streit um Zusammenarbeit mit Ditib

Die NRW-Regierung will die Zusammenarbeit mit dem Verband fortsetzen, wie sie vor zehn Tagen nach Gesprächen mit der Ditib erklärt hatte. In Düsseldorf hatten Vertreter mehrerer Ministerien ihre Sorgen zwar klar formuliert, die Organisation aber weiter als Partner bezeichnet. In einem Beirat für den Islamischen Religionsunterricht an NRW-Schulen bleibt die Ditib auch weiter vertreten. Ein Gutachten bis Jahresende soll klären, ob eine unmittelbare Einflussnahme aus Ankara besteht.

Die FDP forderte die Landesregierung auf, die Zusammenarbeit mit Ditib auszusetzen. „Solange Umfang und Tiefe der Spionage-Tätigkeit von Ditib-Imamen in Nordrhein-Westfalen nicht geklärt sind, muss die Landesregierung die Zusammenarbeit mit Ditib auf Eis legen“, sagte Fraktionsvize Joachim Stamp. Die integrationspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Serap Güler, sagte, die Landesregierung müsse sicherstellen, dass derlei Spionageaktivitäten unterbunden werden.

Angesichts der Vorwürfe gegen die Ditib hatte der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, im Dezember Anzeige wegen Spionageverdachts gestellt. Daraufhin hatte der Generalbundesanwalt Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen. Das Bundesinnenministerium rief die Ditib vor kurzem auf, den Vorwurf der Bespitzelung und Denunziation aufzuklären.

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