Doku „Eat That Question – Frank Zappa“: Aufs Klo gehen wir doch alle

Der Film über Zappa funktioniert als Schlüssel zum Werk des schrägen, erdnussbuttersüchtigen, früh verstorbenen Künstlers – und als Sittenbild der USA.

Portrait Frank Zappa

1980 in Hannover: Frank Zappa Foto: imago/Hubert Jelinek

„Ich verspreche Ihnen, er wird uns nicht langweilen.“ Der Satz, der zu Beginn dieses Films fällt, handelt von Frank Zappa; die Worte kommen aus dem Mund einer TV-Moderatorin, die den US-Progrockmusiker mit den krausen Haaren und dem Schnauz vorstellt, den viele „respektlos und beleidigend“ fänden.

Im Dokumentarfilm „Eat That Question – Frank Zappa“ sieht man zunächst einige dieser Ausschnitte aus den Archiven. Sie bilden die Klischees und Mythen, die über Zappa im Umlauf waren, ab: „Der Typ auf dem Klo, das zottelige Monster der Sechziger“, kündigt ihn eine andere Sprecherin an, auf das berühmte Plakat anspielend, das Zappa beim Toilettengang zeigt. Dessen Reaktion auf die Anmoderation? „Aufs Klo gehen wir doch alle. Sie auch. Nur wurde ich dabei fotografiert.“

Regisseur Thorsten Schütte hat für seine Filmbiografie jede Menge O-Töne gesammelt, um einen Zugang zu Werk und Wirkung der 1993 an Krebs gestorbenen kalifornischen Musiklegende zu ermöglichen. Die Bedeutung Zappas, das zeigt dieser Film, kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Mit seiner Band The Mothers Of Invention hat er Elemente aus klassischer Avantgarde (Igor Strawinsky, Edgar Varèse, Dada) und Rock in einer Zeit zusammengebracht, in der dies alles andere als selbstverständlich war. Das Ganze verband er mit gesundem Untenrum-Humor, der niemals platt daherkam („Penis Dimension is worrying me“).

Mit „Freak Out!“ debütierten Zappa und Band im Jahr 1966, es folgten mehr als 100 Werke oft satirischer Art. Zappa nutzte Techniken, die viel später im HipHop wichtig werden sollten. Was seine Ästhetik ausmache? „Was auch immer, wann auch immer, überall, ohne Begründung“, sagt er im Film einem Reporter.

„Die Presse stellt mich als Wahnsinnigen dar“

Besonders den (US-amerikanischen) Rechten war Zappa ein Dorn im Auge, manche seiner Aufführungen wurden verboten. Zappa aber teilte stets in alle politischen Richtungen aus, Vereinnahmung unerwünscht. Nicht für Politiker, Gewerkschaften, Organisationen oder Religionsgemeinschaften (Papst Paul VI. soll angeblich gefragt haben, ob er im Vatikan auftritt) spiele er Musik, sondern „für die Leute, die Musik mögen“. Im Jahr 1968 wollten Mitglieder der Kommune 1, dass er während seines Berliner Konzerts zur Befreiung des inhaftierten Fritz Teufel aufruft – vergebens.

Oft versucht Zappa in den Ausschnitten das Bild geradezurücken, das von ihm gezeichnet wird. „Die Presse stellt mich als einen Wahnsinnigen dar. Das bin ich aber nicht, ich bin 40 Jahre alt und bin ganz normal. Ich habe vier Kinder, Haus, Hypotheken und den ganzen Mist.“ Drogen nehme er auch keine, bis auf Kaffee, Erdnussbutter und Verschreibungspflichtiges. Seine Meinung zu Kultur und Gesellschaft in den Staaten vertritt er aber ernsthaft und vehement: „Ein Land, das nichts dafür tut, seine Kultur zu erhalten, sollte vielleicht gar nicht existieren“, sagt er.

Engagiert zeigt sich Zappa auch in der Frage der Kunstfreiheit – als in den USA die Warnhinweise für „explizite Inhalte“ auf Musikalben von Konservativen eingefordert und später eingeführt werden, spricht er sich dagegen aus. Es stinke nach Zensur im Reagan-Lande. „Diese Rechten reden doch immer vom Recht auf Leben. Und das Existenzrecht einer ungeborenen Idee?“

„Eat That Question – Frank Zappa“. D/F 2016. 90 Minuten. Regie: Thorsten Schütte

Die Idee zum Film hatte Regisseur Schütte bereits 2008, seither hat er Archive in aller Welt nach Material durchsucht. Es dauerte dann sechs Jahre, bis die Musikrechte mit Gail Zappa, der Witwe des Künstlers, geklärt waren (bevor diese 2015 starb). Viele Ausschnitte seien nahezu oder gänzlich unbekannt, sagt der Filmemacher.

Das Musikalische steht nicht im Zentrum dieses Films. Eher geht es um Zappas Ästhetik, um die Rezeption. „Eat That Question“ funktioniert so einerseits gut als Schlüssel zum Werk und andererseits als Sittenbild der USA der 1960er bis 1980er Jahre.

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