Donald-Duck-Tagung in Schwerin: Forschen zu Entenhausen

Generationen wurden mit Donald Duck groß – zumindest in Westdeutschland. Ein Besuch der Donaldisten-Tagung im mecklenburgischen Schwerin.

Fans der Comic-Figur Donald Duck treffen sich zum alljährlichen Enten-Gipfel am Samstag. Bild: dpa

SCHWERIN dpa | Der Vortrag zum Klima in Entenhausen hat ihnen gefallen. Und dennoch rühren die Kongressteilnehmer keine Hand zum Applaus. Stattdessen schallt aus über 100 Kehlen laut und vielstimmig „Klatsch! Klatsch! Klatsch!“

Wenn Donaldisten zusammenkommen, dann tauchen sie vollends ein in die Welt ihrer Comic-Helden Donald, Daisy und Dagobert Duck. Und was liege näher, als Beifall nach dem Vorbild der auf Tausenden Comic-Seiten verfassten Berichte aus Entenhausen zu bekunden – mit Worten, sagt Rainer Bechtel. Er ist „PräsidEnte“ der „Deutschen Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus“ (D.O.N.A.L.D.), die am Samstag in Schwerin ihre 38. Jahrestagung abhielt.

Die Stadt mit den zwölf Seen, für eine Entenfamilie wie die der Ducks als Heimstatt wie geschaffen, ist dennoch eine Diaspora für die Donaldisten, wie Gastgeber Christian Zarnack zu Beginn der Tagung sagt. Gerade zwei Mitglieder zähle der Verein in ganz Mecklenburg-Vorpommern, von bundesweit knapp 1000. Micky-Maus-Hefte waren in der DDR nicht zu kaufen und so konnte sich der in den 70er und 80er Jahren im Westen entstandene Donaldismus im Osten Deutschlands nicht ausdehnen. „Eine Kindheit ohne Donald Duck, das ist die schrecklichste Vorstellung, die es gibt“, sagt der aus Bayern zugereiste Psychotherapeut Zarnack.

So sei es nicht ganz gewesen, hält ihm die Grünen-Landespolitikerin Silke Gajek aus Schwerin entgegen. „Wir hatten schließlich Westfernsehen. Und da liefen Zeichentrickfilme mit Donald“, sagt sie in ihrer Begrüßungsrede und treibt kurz darauf den Kennern mit ihrer Bemerkung über „Donalds Nichten“ tiefe Sorgenfalten auf die Stirn. Tick, Trick und Track sind Enten-Jungs – und damit Donalds Neffen.

Der Erfinder von Entenhausen

Doch auch mit ihrem Hinweis auf die Disney-Trickfilme im Fernsehen liegt Silke Gajek unwissentlich daneben. „Wir befassen uns ausschließlich mit den Comics, die Carl Barks gezeichnet und deren Texte Erika Fuchs ins Deutsche übertragen hat“, betont der Kölner Vermessungstechniker Bechtel. Diese seit den 50er Jahren meist in den deutschen Micky-Maus-Heften erschienen Duck-Comics brächten es zusammengenommen immerhin auf rund 8500 Seiten.

Der amerikanische Zeichner Carl Barks (1901-2000) gilt als Erfinder von Entenhausen, deren Bewohner zum Teil seiner Feder entstammen. Der reiche Onkel Dagobert zum Beispiel und der erfindungsreiche Daniel Düsentrieb. Die in Rostock geborene Erika Fuchs (1906-2005) sorgte als langjährige Chefredakteurin des deutschen Micky-Maus-Magazins von Bayern aus für die Texte. Wie Bechtel hervorhebt, verhalf sie den Comics zu neuer Qualität, indem sie die eher schlichte Wortwahl der amerikanischen Urfassungen nicht übernommen und teilweise sogar Zitate der klassischen deutschen Literatur eingeflochten habe.

Von diesen beiden Ikonen der Donaldisten leitet sich auch deren Philosophie ab: Barksismus-Donaldismus oder Barksismus-Fuchsismus. Alles hochwissenschaftlich, wie auch Forschungen zur Lokalisierung von Entenhausen, zum Sexualleben der Ducks oder zur außergewöhnlichen Synchronität der Donald-Neffen, bemerkt Bechtel mit rheinisch-frohnatürlichem Unterton. Mit ihrem Ansatz wollten sich Donaldisten auch etwas vom üblichen deutschen, „oft spießigen“ Vereinsleben abheben. „Doch wir sind ein Verein, mit Satzung und Kassenwart“, bekennt er schließlich. Und auch mit den gleichen Problemen.

„Ab 40 aufwärts“, umschreibt Bechtel die Altersgruppe der Donaldisten. Fast alle seien mit den Geschichten um Donald groß geworden. Weil Kinder bei dem multimedialen Überangebot heute aber immer weniger zum klassischen Comic griffen, sei es schwer mit dem Nachwuchs. Hoffnung indes gibt ihm David aus Frankfurt am Main, der mit Frau und dem kleinen Sohn Felix zum Kongress anreiste. „Ich selbst habe erst mit gut 30 durch eine Literaturveranstaltung zum Donaldismus gefunden“, sagt er und erzählt begeistert von den voranschreitenden Sprachübungen seines Sohnes – zum Wort Donald.

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